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19. Juni 2019 / by kanzleiKerner

My home is my office – Das Recht der Telearbeit

Endlich kein stop and go mehr im Berufsverkehr. Zwischendurch den Handwerker oder die Haushaltshilfe ins Haus lassen. Arbeiten ohne Ablenkung. Viele Mitarbeiter wollen im home office arbeiten, zu deutsch Telearbeit (wohingegen der Begriff Heimarbeit denjenigen bezeichnet, der zu Hause ein Werk herstellt, dass sich der Arbeitgeber dort abholt, z.B. Handarbeiten). Eine großangelegte Studie der Stanford University zeigte auf, dass die Produktivität der Mitarbeiter bei Telearbeit steigt, so dass sich auch für Arbeitgeber – neben dem Wettbewerbsvorteil im Kampf um Fachkräfte – ganz materielle Vorteile ergeben können. Und selbst die Politik nimmt sich dem Thema an; so spricht sich vor allem die SPD für eine verbindliche Regelung zum Thema bzw. sogar ein „Recht auf home office“ aus.

Aber natürlich: Nicht alle Tätigkeiten sind home-office-geeignet. Als Fachverkäuferin in einer Boutique oder als Installateur ist Telearbeit vermutlich kein Thema für Sie. Und auch nicht alle Arbeitnehmer wollen das home office (darüber haben wir hier berichtet). Aber die überwiegende Zahl der „Schreibtischmenschen“ interessiert sich zumindest für diese Möglichkeit des Arbeitens. Anlass für unseren Überblick zum Thema:

Endlich arbeiten am Strand! Oder?

Da arbeiten, wo andere urlauben. Mit Telearbeit wird das vermeintlich möglich und das weckt Vorstellungen von lauschigen Cafés oder Strandpromenaden, an denen man künftig ganz entspannt seine E-Mails schreibt. So einfach ist das aber mitunter nicht: Telearbeit im Sinne von home office bedeutet zunächst einmal: Arbeiten zu Hause. Genau das wird in der Regel mit dem Arbeitgeber vereinbart und hierauf wird das Equipment und die technischen Gegebenheiten abgestimmt. So wird es vielen Arbeitnehmern nicht gestattet sein, z.B. offene WLAN-Netze zu nutzen, wie sie in Cafés angeboten werden. Natürlich kann es Arbeitnehmern auch gestattet sein, ortsungebunden zu arbeiten; auf diesen Unterschied sollten Arbeitnehmer allerdings achten und ihn im Zweifelsfall klarstellen lassen. Achten Sie auf die Stichworte „ortsungebunden“ oder „mobiles Arbeiten“.

Endlich arbeiten, wann ich will! Oder?

Manche von uns arbeiten gerne um 6:00 Uhr und manche werden erst ab 18:00 Uhr so richtig produktiv. Da erscheint das home office als ideale Lösung, um sich endlich von den zeitlichen Zwängen des Büros zu befreien. Doch so einfach ist es auch hier nicht: Mit einer Vereinbarung zur Telearbeit ist für sich genommen keine Veränderung der bisherigen Arbeitszeit verbunden. Gab es bislang feste Arbeitszeiten und wird in einer Telearbeitsvereinbarung nichts anderes geregelt, bleiben die Arbeitszeiten also exakt dieselben. Das gilt auch für eine bestehende Gleitzeitregelung. Der Arbeitgeber wird dem Arbeitnehmer auch keine völlig freie Hand bei der Arbeitszeitgestaltung geben, wie sie etwa Selbständige haben. Denn er ist verantwortlich für die Einhaltung der Arbeitszeitgesetze und damit insbesondere die Einhaltung der Höchstarbeitszeit und der Ruhezeit (Die Regel des Arbeitszeitgesetzes in Kürze? Hier.).

Versicherung ganz normal. Oder?

Außer dem Arbeitsort ändert sich an dem Arbeitsverhältnis rechtlich gesehen auf den ersten Blick nichts. Einen wichtigen Unterschied gibt es hingegen schon: Sie sind zwar weiterhin gesetzlich unfallversichert, aber es ist manchmal nicht so offensichtlich, ob Sie tatsächlich bei der Arbeit oder auf dem Weg dorthin bzw. von dort waren. Bei Ihren Wegen zum oder vom „richtigen“ Büro und Ihren Wegen dort gibt es verhältniswenig wenig zu diskutieren im Vergleich zu machen Unfällen im Zusammenhang mit Telearbeit. Verunfallt auf dem Weg zur Kita, um zwischendurch kurz die Kleinen zu holen? Die Kellertreppe gestürzt bei dem Versuch, eine Flasche Wasser zu holen? Verbrüht beim Kaffeekochen? Arbeitsunfälle?! Eher nicht.

Vor allem folgende Aspekte sind wichtig:

  • Der Unfallort ist der vertraglich vereinbarte Arbeitsort (oder der Weg dorthin oder von dort) und
  • der Unfall erfolgte bei der Tätigkeit oder einem Weg, um eine dienstliche Weisung zu erledigen bzw. eine Aufgabe im Interesse des Arbeitgebers.

Die Risiken, die das private Lebensumfeld bereithält, sind hingegen nicht versichert. Das soll insbesondere für Wege zur Nahrungsaufnahme gelten, die nicht unmittelbar zurückgelegt werden, um der (versicherten) Beschäftigung nachzugehen. Dasselbe gilt für Wege zur Toilette. Das ist im Ernstfall ein gewichtiger Nachteil zu Arbeitnehmern im Betrieb. Ist der Unfall nicht zur Kernarbeitszeit oder wenigstens Gleitarbeitszeit geschehen (z.B. nachts), ist der Nachweis gleich noch schwieriger.

Kann der Arbeitgeber das home office wieder streichen?

Ja, aber…

Zunächst einmal kann eine home-office-Regelung befristet geschlossen werden. Dann muss der Arbeitnehmer nach Ablauf der Zeit wieder in das Büro zurückkehren, wenn keine Verlängerung getroffen wird.

Außerdem bestimmt grundsätzlich der Arbeitgeber den Arbeitsort. Die Vereinbarung eines home office ist also ein Entgegenkommen des Arbeitgebers. Ist es allerdings erst einmal vereinbart, kann der Arbeitgeber es – vor allem, wenn eine Befristung vorgenommen wurde – nicht so einfach wieder entziehen. Da der Arbeitnehmer in der Regel ein Interesse an seiner Tätigkeit im home office hat, braucht es hierfür eine betriebliche Notwendigkeit. So eine Notwendigkeit kann sich ergeben, wenn beispielsweise unvorhergesehen vermehrt Kundenkontakt stattfinden muss. Der Arbeitgeber muss, wenn ein solcher Grund auftritt, nach so genanntem billigen Ermessen entscheiden. Ganz besonders muss der Arbeitgeber aber auf eine sorgfältige Formulierung des Widerrufs- bzw. Kündigungsvorbehaltes in der home-office-Vereinbarung achten: Ist diese Klausel als „Allgemeine Geschäftsbedingung“ zu weitgehend formuliert, ist sie unwirksam. Gibt es einen Betriebsrat, stellt die einseitige Beendigung der home-office-Regelung außerdem eine mitbestimmungspflichtige Versetzung dar; der Betriebsrat muss also zustimmen.

Die Telearbeitsvereinbarung: Was ist zu beachten?

Telearbeit sollte im beiderseitigen Interesse geregelt werden und zwar in Form eines Zusatzes zum Arbeitsvertrag oder per Betriebsvereinbarung. Die folgenden Punkte sind hierbei von besonderer Bedeutung:

Zunächst sollte – vermeintlich banal, aber später gegebenenfalls einmal wichtig – geregelt werden, dass ein Teil der Arbeitsleistung künftig an einem häuslichen Arbeitsplatz („home office“) erbracht wird. Weiter sollte geregelt werden, an welchen Tagen das der Fall ist und zu welchen Uhrzeiten der Arbeitnehmer diese Arbeitsleistung erbringt. Hier bietet sich eine Gleitzeitregelung mit Kernzeiten an. Da der Arbeitgeber weiterhin verpflichtet ist, die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes umzusetzen, ist eine entsprechende Klausel üblich und aus Arbeitgebersicht sinnvoll. Weiter sollte geregelt werden, wer die erforderlichen Arbeitsmittel bereitstellt und wie der Datenschutz geschieht. Wenn der Arbeitgeber sich einen Zugang zu dem Arbeitsplatz, in der Regel mit einer Ankündigungsfrist, vorbehält, dient dies unter anderem der Überprüfung des Datenschutzes und ist daher üblich. Ebenfalls aus Arbeitgebersicht ist eine „Kündigungsmöglichkeit“ des home offices sinnvoll, wobei aber die obigen Einschränkungen zu beachten sind.

Haben Sie Fragen zu dem Thema Telearbeit? Wir helfen Ihnen gerne weiter.

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