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Massenentlassungen

Wie der Name sagt, handelt es sich bei einer Massenentlassung um die Entlassung von mehreren, einer „Masse“ von Arbeitnehmern. Genauer gesagt spricht man von einer Massenentlassung, wenn gleichzeitig oder innerhalb von 30 Tagen eine in § 17 Absatz 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) definierte Anzahl von Arbeitnehmern entlassen wird.

In Betrieben mit 20 bis 60 Arbeitnehmern ab dem 6. Arbeitnehmer, in Betrieben unter 500 Arbeitnehmern ab dem 26. Arbeitnehmer oder ab 10 % der Belegschaft und in Betrieben ab 500 Arbeitnehmern bei mindestens 30 Arbeitnehmern. Bei unternehmensweiten Entlassungswellen kann man dabei von der Faustformel ausgehen: Ein Standort entspricht einem Betrieb, hier müssen also diese Schwellenwerte erreicht sein.

Was bedeutet es für mich, Teil einer Massenentlassung zu sein?

Trotz des unschönen Wortlautes bedeutet es für Sie als Arbeitnehmer, dass erweiterte Schutzvorschriften greifen. Dem Arbeitgeber werden zusätzliche Pflichten auferlegt, die Ihre Interessen als Betroffene schützen sollen.

Bei Fehlern kann die gesamte Kündigungswelle unwirksam sein. Wo also schon eine „normale“ Kündigung häufig fehlerhaft ist, kann das bei der Kündigung im Rahmen einer Massenentlassung erst recht der Fall sein. Der Arbeitgeber ist also gezwungen, solche Kündigungen sorgfältig vorzubereiten und für den gekündigten Arbeitnehmer bieten sich zusätzliche Chancen im Kündigungsschutzverfahren.

Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei Massenentlassungen?

Durch die Einordnung als Massenentlassung ist der Arbeitgeber verpflichtet, die geplanten Entlassungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Das ergibt sich aus § 17 Absatz 2 KschG und ist ein „Mehr“ zur ohnehin vor jeder Kündigung bestehenden Pflicht, den Betriebsrat anzuhören. Der Betriebsrat soll in die Lage versetzt werden, konstruktive Vorschläge zu machen, nach denen die Kündigungen vermieden oder die Folgen für die Betroffenen abgemildert werden können. Deshalb hat der Arbeitgeber die Unterrichtung rechtzeitig und zweckdienlich insbesondere über die folgenden Punkte zu unterrichten:

  1. die Gründe für die geplanten Entlassungen,
  2. die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
  3. die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
  4. den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
  5. die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
  6. die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.

Das bedeutet unter anderem, dass die Gründe für die Entscheidung nachvollziehbar gemacht werden müssen – pauschale Angaben wie „Kündigung aus betriebsbedingten Gründen“ genügt nicht. Die Beratungspflicht ist (erst) dann erfüllt, wenn eine ausreichende und abschließende Stellungnahme des Betriebsrats vorliegt oder wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen Interessenausgleich verständigen. Fehlt die Stellungnahme des Betriebsrats, kann das zur Unwirksamkeit sämtlicher Kündigungen führen.

Außerdem muss der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) beteiligen. Diese Pflicht wird dadurch ausgelöst, dass die Rechtsprechung unter einer Massenentlassung die dort beschriebene „Betriebsänderung, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben kann” versteht. Auch, aber nicht nur, im Fall einer Betriebsschließung. Auch diese Vorschrift soll den Betriebsrat in die Lage versetzen, dem Arbeitgeber als Verhandlungspartner auf Augenhöhe zu begegnen und die Möglichkeiten abzuwägen, nach denen die Kündigungen vermieden werden können.

Verpflichtend ist deshalb die rechtzeitige und umfassende schriftliche Unterrichtung des Betriebsrats wiederum über die Gründe der Massenentlassung, die Zahl und die Berufsgruppen der Arbeitnehmer und weitere Pflichtangaben sowie die ernsthafte Verhandlung  über einen Interessenausgleich und Sozialplan (§§ 111, 112 BetrVG).

Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 111 BetrVG verdrängt dabei die Beteiligung nach § 17 KSchG nicht und zwar auch dann nicht, wenn der Betrieb stillgelegt und die Folgen durch einen Sozialplan geregelt werden. Beide Beteiligungen sind eigenständig, auch wenn sie zur selben Sache stattfinden. Möglich ist allerdings die Verbindung der verschiedenen Beteiligungsrechte des Betriebsrats, soweit es um dieselben Pflichten geht. Arbeitgeber sollten hierbei unbedingt jeweils genau bezeichnen, welche Pflichten sie mit welcher Beteiligung erfüllen.

Was sind die rechtlichen Folgen, wenn der gesamte Betrieb stillgelegt wird?

Werden sämtliche Mitarbeiter entlassen, weil der Betrieb geschlossen wird und werden hierbei die Schwellenwerte aus § 17 Absatz 1 KSchG erreicht, stellt das nichts anderes als eine Massenentlassung dar, die auch entsprechend gehandhabt werden muss. Der Arbeitgeber muss also sämtlichen Pflichten in diesem Zusammenhang ordnungsgemäß nachkommen, wenn er verhindern möchte, dass die Kündigungen angreifbar werden.

Welche rechtlichen Folgen haben Fehler in der Massenentlassungsanzeige?

Vor (!) der Durchführung einer Massenentlassung ist der Arbeitgeber neben der Beteiligung des Betriebsrats verpflichtet, der Agentur für Arbeit Mitteilung zu machen. Die Agentur für Arbeit soll so in die Lage versetzt werden, sich frühzeitig auf den Vermittlungsbedarf einzurichten. Es gibt 9 Bereiche, zu denen zwingend Angaben erfolgen müssen, unter anderem wiederum die Gründe für die Entlassungen, deren Berufsgruppen und die Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer.

Wird die Massentlassungsanzeige unterlassen, führt das zur Unwirksamkeit sämtlicher Kündigungen. Wird die Massenentlassungsanzeige fehlerhaft durchgeführt, kann auch das zur Unwirksamkeit der Kündigungen führen.

Was können wir für Sie tun?

Ob Sie um Ihren Arbeitsplatz kämpfen wollen oder nicht, das entscheiden Sie. Wir sind jedoch der Ansicht, dass Sie eine richtige Entscheidung ausschließlich auf Grund präziser, verlässlicher Informationen treffen können. Denn erst, wenn Sie wissen, was Ihre Rechte sind, kennen Sie Ihre Chancen.

Nur ein Beispiel: Auch wenn Sie nicht an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren möchten, sind Verhandlungen um eine angemessene Abfindung häufig erfolgreich. Es gilt jedoch auch: Möchten Sie sich gegen eine Kündigung wehren, muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens eine Klage bei dem Arbeitsgericht eingereicht werden; anderenfalls gilt die Kündigung als wirksam. Sie müssen somit zeitnah erste Schritte einleiten.

Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, auf eine Kündigung zu reagieren. Als Fachanwälte für Arbeitsrecht sind wir Spezialisten im Arbeitsrecht und beraten seit Jahrzehnten täglich Arbeitnehmer im Umgang mit Kündigungen.

Es gehört zu unserem Selbstverständnis, Ihnen verlässliche Antworten zu geben, Ihre Chancen realistisch darzustellen, Sie zu begleiten und Ihre Interessen auch nach außen durchsetzungsstark zu vertreten.

 

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