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Änderungen des Arbeitszeitgesetzes

Corona-Krise: Änderungen des Arbeitszeitgesetzes

Die Corona-Krise bringt „Schlag auf Schlag“ arbeitsrechtliche Neuerungen. Während bereits der Zugang zum Kurzarbeitergeld erheblich erleichtert wurde, weicht der Gesetzgeber durch eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes sowie die Verordnung zur Abweichung vom Arbeitszeitgesetz infolge der COVID-19-Epidemie (COVID-19-Arbeitszeitverordnung) Regelungen des Arbeitszeitgesetzes auf. Die Presse überschlägt sich und Schlagzeilen wie „Arbeitsminister Heil erlaubt 12-Stunden-Schichten“ oder „12-Stunden-Arbeitstage in Corona-Krise möglich“ lassen gravierende Änderungen bei der Arbeitszeit vermuten. Doch was ändert sich eigentlich im Vergleich zu den bisherigen Regelungen und wer ist davon betroffen?

Regelungen des Arbeitszeitgesetzes

Um nachzuvollziehen, was sich eigentlich ändert, muss man zunächst wissen, was die bisherigen Regelungen waren. Die wesentlichen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) sind dabei überschaubar.

Die Grundregelung zur Arbeitszeit enthält § 3 ArbZG, wonach die werktägliche Arbeitszeit 8 Stunden nicht überschreiten darf. Sofern innerhalb eines Ausgleichszeitraums von 6 Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden nicht überschritten werden, kann die Arbeitszeit auch auf bis zu 10 Stunden werktäglich verlängert werden. Ausgehend von 6 Werktagen in der Woche ergeben sich hieraus eine werktägliche Arbeitszeit von bis zu 10 Stunden und eine höchstzulässige wöchentliche Arbeitszeit (bei 6 Werktagen) von 60 Stunden. Voraussetzung ist jedoch, dass im Ausgleichszeitraum 8 Stunden werktäglich (entspricht 48 Stunden je Woche) nicht überschritten werden.

Nach der Beendigung der täglichen Arbeitszeit müssen Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 1 ArbZG eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden haben.

Die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen ist gemäß § 9 ArbZG an sich unzulässig, allerdings sieht § 10 ArbZG hiervon bereits eine ganze Reihe von Ausnahmen vor.

Abweichungen hierzu waren auch schon vorab zulässig, abgesehen von wenigen Ausnahmefällen jedoch im Regelfall nur durch oder auf der Grundlage eines Tarifvertrages unter besonderen Voraussetzungen. So knüpfte die Verlängerung der Arbeitszeit auf über 10 Stunden werktäglich regelmäßig daran an, dass in die Arbeitszeit regelmäßig oder in einem erheblichen Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt.

Mann hält Wecker, der auf einem Buch steht

Änderungen im Arbeitszeitgesetz

Durch das so genannte Sozialschutz-Paket (Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 27.03.2020) wurde aus Anlass der Corona-Krise in § 14 ArbZG ein neuer Abs. 4 wie folgt eingefügt:

„Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit ohne Zustimmung des Bundesrates in außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen, insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes, für Tätigkeiten der Arbeitnehmer für einen befristeten Zeitraum Ausnahmen zulassen, die über die in diesem Gesetz und in den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie in Tarifverträgen vorgesehenen Ausnahmen hinausgehen. Diese Tätigkeiten müssen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge oder zur Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern notwendig sein. In der Rechtsverordnung sind die notwendigen Bedingungen zum Schutz der in Satz 1 genannten Arbeitnehmer zu bestimmen.“

Auf der Grundlage dieser Neuregelung ist es dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit möglich, durch Rechtsverordnung in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz zu erlassen. Diese Regelung soll insbesondere dazu beitragen, die Aufrechterhaltung der Funktionen in wichtigen systemrelevanten Branchen sicherzustellen.

Sonderregelungen zur Arbeitszeit in der Corona-Krise

Auf der Grundlage von § 14 Abs. 4 ArbZG wurde von dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit die COVID-19-Arbeitszeitverordnung erlassen.

Die Eingriffe in das ArbZG durch die COVID-19-Arbeitszeitverordnung und die entsprechenden Änderungen in der Corona-Krise sind bei genauer Betrachtung jedoch deutlich weniger einschneidend als der vermittelte Eindruck.

Zunächst ist die Verordnung nur befristet und tritt zum 31.07.2020 wieder außer Kraft. Die maßgeblichen Abweichungen zum Arbeitszeitgesetz dürfen nach der COVID-19-Arbeitszeitverordnung auch nur bis zum 30.06.2020 angewendet werden.

Zudem gelten die abweichenden Regelungen nur für die in § 1 Abs. 2 COVID-19-Arbeitszeitverordnung geregelten systemrelevanten Tätigkeiten insbesondere bei Tätigkeiten in der Logistik für systemrelevante Waren und Produkte, bei der medizinischen Behandlung, bei Not- und Rettungsdiensten, Feuerwehr und Zivilschutz, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, in Energie- und Wasserversorgungsbetrieben, in der Landwirtschaft und Tierhaltung, zur Sicherstellung von Geld- und Werttransporten und bei der Bewachung von Betriebsanlagen, zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen sowie in Apotheken und Sanitätshäusern.

In diesen Bereichen kann befristet bis Ende Juni 2020 die werktägliche Arbeitszeit, soweit nicht durch organisatorische Maßnahmen vermeidbar, auf bis zu 12 Stunden verlängert werden. Im Ausnahmefall ist auch eine Überschreitung der Wochenarbeitszeit auf über 60 Stunden hinaus zulässig. Unberührt bleibt durch die COVID-19-Arbeitszeitverordnung die im Durchschnitt einzuhaltende 48-Stundenwoche bzw. 8 Stunden werktäglich.

Die Ruhezeit gemäß § 5 Abs. 1 ArbZG kann um bis zu 2 Stunden verkürzt werden, es ist jedoch eine Mindestruhezeit von 9 Stunden einzuhalten.

Abschließend enthält § 3 COVID-19-Arbeitszeitverordnung noch eine Lockerung bezüglich der Tätigkeiten an Sonn- und Feiertagen, wenn die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können sowie einen verlängerten Ausgleichszeitraum für die Gewährung des Ersatzruhetages.

Fazit

Die Änderungen durch die COVID-19-Arbeitszeitverordnung sind weniger gravierend als die Schlagzeilen in der Presse zunächst vermuten lassen. Die Anpassungen gelten ohnehin nur befristet, lediglich für besondere systemrelevante Tätigkeiten und laufen im Ergebnis in erster Linie darauf hinaus, durch die Verlängerung der werktäglichen und wöchentlichen Arbeitszeit, der Verkürzung von Ruhepausen und der Zulässigkeit von Arbeit an Sonn- und Feiertagen erforderliche Spitzen bei der Ausführung systemrelevanter Tätigkeiten „abzufangen“.

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