Die Corona-Pandemie beschäftigt Arbeitgeber und Arbeitnehmer weiterhin in allen Lebensbereichen und so auch in arbeitsrechtlichen Belangen. Aus diesem Grund haben wir uns diesem Thema und den damit einhergehenden Fragestellungen in mehreren Blogbeiträgen auseinandergesetzt. Die Entwicklung der vergangenen Wochen und Monate lässt auf eine baldige Normalisierung hoffen. Es wurden mehrere Impfstoffe zugelassen und weitere Zulassungen stehen bevor. Doch nicht jeder will sich impfen lassen. Die Impfung erfolgt freiwillig. Eine Impfpflicht besteht nicht und ist derzeit auch nicht vorgesehen. Es stellen sich daher weitere Fragen im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Kann der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zu Impfung verpflichten? Darf der Arbeitgeber, , Anreize schaffen, dass sich Arbeitnehmer freiwillig impfen lassen? Was spricht für und was gegen die Einführung einer Impfprämie?
Darf der Arbeitgeber zur Impfung verpflichten?
Arbeitgeber haben ein nachvollziehbares Interesse daran, dass sich Arbeitnehmer impfen lassen. Einerseits schützt es den Arbeitnehmer selbst; andererseits werden Arbeitsausfälle und in der Folge wirtschaftliche Schäden abgewandt.
Wie eingangs erwähnt, gibt und wird es nach derzeitigem Diskussionsstand keine gesetzliche Impfpflicht geben. Mithin ist auch eine Anordnung des Arbeitgebers dahingehend nicht zulässig. Unzulässig ist auch die Verpflichtung des Arbeitgebers durch eine entsprechende Regelung in Arbeitsverträgen. Das gilt selbst für Beschäftigte in Krankenhäusern und im Bereich der Pflege. Insoweit ist stets zu beachten, dass die Impfung einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit mit sich bringt. Zudem ist derzeit noch nicht einmal bekannt, wie die Impfstoffe wirken: Wird die Übertragung oder der Ausbruch der Erkrankung verhindert?
Kann der Arbeitgeber Anreize schaffen?
Wenn eine Impfung nicht verpflichtend ist, können Arbeitgeber auf den Gedanken kommen, hierfür Anreize zu schaffen. Eine solche Prämie kann in einer Sonderzahlung, aber auch einem zusätzlichen Urlaubstag in Betracht kommen, der bspw. in Abstimmung mit dem Arbeitgeber oder am Tag bzw. je nach Impfstoff an den Tagen der Impfung(en) gewährt wird. Aus Arbeitgebersicht ergibt eine Impfprämie auch dann Sinn, wenn die Impfstoffe nur den Ausbruch der Erkrankung verhindern, da gleichwohl weniger Krankheitsausfälle aufgrund des Coronavirus zu beklagen wären.
Prämie als Aufwandspauschale
Denkbar ist für den Fall einer Geldleistung, die Prämie nicht unmittelbar für die Impfung zu zahlen, sondern die Arbeitnehmer für den in diesem Zusammenhang entstehenden Aufwand, wie bspw. Fahrtkosten, Kinderbetreuung, Zeitaufwand, zu entschädigen. Die Prämie kann als Pauschale geleistet werden. Schwierigkeiten dürften entstehen, wenn es um die Zusammensetzung der Pauschale geht und welche Parameter hier zu berücksichtigen sind.
Darf der Arbeitgeber Sonderzahlungen leisten?
Zunächst steht es Arbeitgebern frei, seinen Arbeitnehmern Sonderzahlungen bzw. zusätzlichen Urlaub zu gewähren. Er darf die Gewährung auch von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen. Ein bekanntes Beispiel stellen die sogenannten Anwesenheitsprämien dar, die dazu dienen sollen, die Fehlzeiten im Betrieb zu reduzieren.
Bei der Umsetzung solcher Sonderleistungen muss der Arbeitgeber nur einige „Spielregeln“ beachten. Ist ein Betriebsrat vorhanden, ist dieser zu beteiligen.
Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz
Von Bedeutung ist, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmer bei der Gewährung von Prämien nicht ungleich behandeln darf. Es gilt der Arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsrundsatz, der besagt, dass eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund nicht erfolgen darf.
Das heißt: Soll eine Prämie gewährt werden, müssen für alle Arbeitnehmer die gleichen Voraussetzungen gelten. Vorliegend dürfte die Voraussetzung allein darin zu sehen sein, dass sich der einzelne Arbeitnehmer impfen lässt und gegenüber dem Arbeitgeber einen entsprechenden Nachweis erbringt. Schließlich muss dieser überprüfen können, ob die Voraussetzungen erfüllt sind.
Keine Maßregelung
Ein weiterer zu beachtender Aspekt ist im Maßregelungsverbot nach § 612a BGB zu sehen. Arbeitnehmer dürfen nicht derart unter Druck gesetzt werden, dass ihnen im Fall der Impfverweigerung Nachteile widerfahren. Jedoch dürfte eine Maßregelung hinsichtlich der Impfung nicht gegeben sein, solange der Arbeitgeber lediglich einen Anreiz schafft und hierbei Zwecke des Gesundheits- und Arbeitsschutzes im Blick hat. Lässt sich ein Arbeitnehmer nicht impfen, ist dies nicht mit Nachteilen verbunden. Der Nicht-Erhalt der Prämie stellt keinen Nachteil dar. Der Arbeitnehmer bleibt in seiner Entscheidung frei, ob er sich impfen lassen will oder nicht.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
Daneben ist ein Konflikt mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) denkbar. Das Gesetz hat das Ziel, Benachteiligungen einer Person aufgrund bestimmter Merkmale, vorliegend kommen beispielsweise die Merkmale des Geschlechts oder der Religionszugehörigkeit in Betracht, zu beseitigen oder zu verhindern. Mitunter ist es so, dass sich nicht alle Arbeitnehmer impfen lassen können – obwohl sie gerne würden bzw. grundsätzlich bereit dazu sind. So werden Schwangere derzeit nicht gegen das Coronavirus geimpft. Zudem ist es möglich, dass eine Impfung aus religiösen Gründen abgelehnt wird. Im Fall von Streitigkeiten müssen die Arbeitsgerichte hierüber entscheiden. Es spricht jedoch vieles dafür, dass ein Verstoß, also eine Benachteiligung nach AGG nicht anzunehmen ist.
Zumindest gefühlte Benachteiligung – Störung des Betriebsfriedens
Selbst wenn aus arbeitsrechtlicher wohl keine Bedenken gegen eine Impfprämie bestehen, bleibt ein nicht kalkulierbares Problem: Der Betriebsfrieden könnte gestört sein. Arbeitnehmer/-innen könnten sich benachteiligt fühlen, wenn sie die Prämie nicht erhalten. .
Fazit
Arbeitgebern kann daran gelegen sein, dass sich die Arbeitnehmer gegen das Coronavirus impfen lassen. Wenn der Arbeitgeber aus diesem Grund diesen Arbeitnehmern eine Sonderzahlung in Aussicht stellt und hierdurch einen Anreiz schafft, spricht arbeitsrechtlich wohl nichts dagegen. Die Gesundheit der Arbeitnehmer sowie der (wirtschaftliche) Schutz des Betriebes stellen gute Gründe dar. Problematisch kann es hingegen bei der Umsetzung werden. Arbeitnehmer könnten sich benachteiligt fühlen, was dem Betriebsfrieden schaden kann. Die Problematik ist insoweit vergleichbar mit jener aus dem Jahr 2020, wenn die steuer- und sozialversicherungsfreie Corona-Prämie nicht an alle Arbeitnehmer geleistet wurde. Wie so häufig beim Zusammentreffen der Themen Arbeitsrecht und Corona können rechtssichere Aussagen mangels arbeitsgerichtlicher Entscheidungen nicht getroffen werden. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich die Gerichte positionieren.
Haben Sie Fragen zu den Themen Corona oder Sonderzahlungen? Wir helfen Ihnen gerne weiter.
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Bildhinweis: adobe stock