Wer länger als 6 Monate in einem Betrieb beschäftigt ist, in dem in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden, genießt Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (§§ 1 Abs. 1, 23 KSchG). Dann muss ein Arbeitgeber seine Kündigung rechtfertigen. Auch Angestellte in Privathaushalten sind Arbeitnehmer und auch in einem Haushalt können mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sein, wenngleich das hierzulande nicht so oft vorkommt. Aber ist ein Haushalt dann ein Betrieb im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes? Das hatte im vergangenen Jahr das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zu entscheiden, der Fall endete nun vor dem Bundesarbeitsgericht.
Geklagt hatte eine 58-jährige Haushaltshilfe, die in Vollzeit in einem Privathaushalt beschäftigt war. Sie bediente das haushaltsführende Ehepaar und die 5 Kinder der Familie, kochte, backte, führte Reinigungsarbeiten und ähnliches aus. Der Hausherr beschäftigte weiteres Personal, darunter eine Hausdame, zwei Mitarbeiterinnen im Housekeeping, eine Mitarbeiterin für die Wäsche, einen Fahrer, einen Koch, drei Gärtner, eine Nanny sowie insgesamt fünf Mitarbeiterinnen im Service. Etwa 15 Mitarbeiter waren regelmäßig tätig.
Im September 2015 wurde der Haushaltshilfe gekündigt, hiergegen erhob sie Kündigungsschutzklage. Sie machte geltend, dass das Kündigungsschutzgesetz anzuwenden und die Kündigung daher rechtfertigungsbedürftig sei. Als Argument führte sie an, dass – was auch nicht bestritten wurde – mehr als 10 Mitarbeiter in Vollzeit in einer arbeitsrechtlichen Organisation beschäftigt werden. Dann könne es nicht darauf ankommen, ob der Betrieb auch eine wirtschaftliche Bedeutung habe.
Der beklagte „Inhaber“ des Familienhaushalts sah das anders und argumentierte, ein Haushalt könne kein Betrieb im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes sein. Es gehe vielmehr ausschließlich um die privaten Bedürfnisse, anders als es etwa bei Servicekräften im Restaurant sei.
Im Arbeitsrecht spielt die Frage, ob die Arbeit in einem Betrieb stattfindet, normalerweise keine große Rolle. Wo gearbeitet wird, befindet sich in der Regel auch ein Betrieb. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Als Betrieb wird nach der Rechtsprechung eine organisatorische Einheit bezeichnet, innerhalb derer der Arbeitgeber mit Arbeitnehmern durch Einsatz technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die über die Befriedigung von Eigenbedarf hinausgehen.
Eigenbedarf ist das, was keinen unternehmerischen Nutzen verschafft. So war es hier für den Hausherren. Und ohne Betrieb ist nach dem klaren Wortlaut der §§ 1 Abs. 1 und 23 das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht anwendbar. Aber muss unter Umständen bei straff organisierten Großhaushalten etwas anderes gelten?
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gab dem Arbeitgeber Recht. Das Kündigungsschutzgesetz finde keine Anwendung, für die Kündigung sei daher auch keine weitere Rechtfertigung erforderlich (Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.05.2016, Az. 14 Sa 82/16).
Das Landesarbeitsgericht begründete das Urteil vor allem damit, dass die allgemeine Betriebsdefinition nicht auf Privathaushalte passt. Hinzu komme, dass ein privater Arbeitgeber in besonderem Maße auf ein Vertrauensverhältnis zu seinen Mitarbeitern angewiesen ist und er sich bei einem Verlust dieses Vertrauensverhältnisses von dem Arbeitsverhältnis lösen können muss, auch wenn dieser Verlust von außen objektiv nicht dargestellt werden kann.
Zugleich machte sich das Landesarbeitsgericht die Entscheidung nicht leicht und betonte, dass die Herausnahme aus dem allgemeinen Kündigungsschutz die Arbeitnehmer hart treffe. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde daher wegen der besonderen Bedeutung der Sache ausdrücklich zugelassen.
Die Revision wurde eingelegt. Das Bundesarbeitsgericht musste – oder durfte – allerdings nicht mehr entscheiden, die Parteien haben sich aktuell verglichen (Zur Pressemitteilung; externer Link).
Über 10 Angestellte in einem reinen Privathaushalt – der Fall ist nicht alltäglich. Trotzdem wäre eine aktuelle Klarstellung des Bundearbeitsgerichts zum Thema wünschenswert gewesen. Der Betriebsbegriff als Voraussetzung für den Kündigungsschutz ist jedenfalls nur schwer auf einen Privathaushalt zu übertragen. Hier hätte das Bundesarbeitsgericht zum Schutz der Arbeitnehmer schon in einen grammatikalischen Kunstgriff finden müssen. In der Literatur heißt es deshalb auch überwiegend: Privathaushalte sind keine Betriebe im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes. Man darf bezweifeln, dass das Bundearbeitsgericht das anders gesehen hätte. Das letzte Wort ist hier aber noch nicht gesprochen.
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