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7. Mai 2012 / by Katja Kläfker

„Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht“

… ist der Titel eines von einem Arbeitnehmer und Hobbyautor verfassten Büro-Romans, der jüngst Gegenstand eines vom Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm entschiedenen Rechtsstreites wegen einer Kündigung war. Der klagende Hobbyautor war seit 1998 als Sachbearbeiter bei einem Küchenmöbelhersteller mit über 300 Beschäftigten aus Löhne beschäftigt. Etwa 1 1/2 Jahre hat er an Wochenenden und nach Feierabend an seinem literarischen Erstlingswerk gearbeitet, dieses Ende Oktober 2010 veröffentlicht und Kollegen zum Kauf angeboten.

Jockel Beck

In dem aus der Perspektive des Ich-Erzählers „Jockel Beck“ geschriebenen Roman kommen Personen – meist mit negativen Eigenschaften – vor, die der Arbeitgeber mit in seinem Betrieb tatsächlich existierenden Personen gleichsetzte. So heißt es über die Arbeitnehmerin „Fatma“ in dem Buch, dass sie „so manches Klischee (erfülle), was man allgemein von Türken pflegt: ihre krasse Nutzung der deutschen Sprache und auch ihr aufschäumendes Temperament. Leider steht ihr Intellekt genau diametral zu ihrer Körbchengröße“. „Woodstock-Hannes“, ein Althippie mit Pferdeschwanz, “hat alles geraucht, was ihm vor die Tüte kam”. Auch die Chefetage kam nicht besonders gut weg; der Junior-Chef „Horst“ wird in dem Buch folgendermaßen beschrieben: „Er ist ein Feigling! Er hat nicht die Eier, jemandem persönlich gegenüberzutreten, dafür schickt er seine Lakaien”. Der Arbeitgeber sah wegen des Buches den Betriebsfrieden als erheblich gestört an und kündigte das Arbeitsverhältnis am 10.11.2010 fristlos.

Kündigungsschutzklage

Gegen die Kündigung wehrte sich der Hobbyautor mit einer Kündigungsschutzklage und berief sich vor allem darauf, dass es sich um einen Roman mit fiktiven Personen und fiktiven Handlungen handelt. Wie bereits das Arbeitsgericht Herford in der ersten Instanz hat auch das LAG Hamm in der Berufungsinstanz mit Urteil vom 15.07.2011 – 13 Sa 436/11 der Kündigungsschutzklage des Hobbyautors stattgegeben und die Kündigung als unwirksam angesehen. Auch wenn es Ähnlichkeiten geben sollte, konnte nicht festgestellt werden, dass tatsächlich alle Eigenschaften einer Romanfigur einem tatsächlichen Vorbild entsprachen. Insoweit besteht eine tatsächliche Vermutung zu Gunsten des Klägers, dass es sich bei dem Roman um keine tatsächlichen Gegebenheiten, sondern um eine fiktionale Darstellung handelt, zumal selbst der beklagte Arbeitgeber betont hat, die im Roman überspitzt gezeichneten Zustände spiegelten nicht die tatsächlichen Verhältnisse in dem Betrieb wider. Der Arbeitnehmer konnte sich deshalb mit Erfolg auf die Kunstfreiheit berufen.

Landesarbeitsgericht

Ob in dieser Angelegenheit tatsächlich das letzte Wort gesprochen worden ist, ist offen. Das LAG hat ausdrücklich die Revision zugelassen, so dass sich unter Umständen auch noch das Bundesarbeitsgericht mit diesem Sachverhalt zu befassen hat. In einer Hinsicht hat sich der Rechtstreit für den Hobbyautor bereits jetzt gelohnt. Kurz nach Bekanntwerden der Entscheidung des LAG ist das Buch im Bekanntheitsgrad sowie im Verkaufsrang von Buchhändlern deutlich gestiegen und wurde bei Amazon in der Rubrik „Gegenwartsliteratur“ kurzzeitig sogar unter den 40 meistverkauften Büchern gelistet.

 

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