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18. Dezember 2018 / by kanzleiKerner

Startschuss für die Brückenteilzeit

Inkrafttreten des § 9a TzBfG zum 01.01.2019

Teilzeitarbeit bedeutet, dass ein Arbeitnehmer mit einer geringeren Stundenzahl arbeitet als andere Arbeitnehmer im gleichen Betrieb bzw. der gleichen Branche. Das klassische Vollzeitarbeitsverhältnis umfasst ungefähr eine 40-Stunden-Woche, je nach geltendem Tarifvertrag. War das früher noch die Regel, ist inzwischen Teilzeitarbeit ausgerichtet am aktuellen Lebensmodell in Mode gekommen. Auch nach der Elternzeit noch mehr Zeit für die Kinder einplanen, Angehörige pflegen, sich weiterbilden, für mehrere Arbeitgeber arbeiten, die eigenen Ressourcen schonen oder ab einem gewissen Alter etwas kürzer treten – all das trauen sich heute gute qualifizierte Arbeitnehmer/innen; statistisch doppelt so häufig wie vor 10 Jahren. Unternehmen wie auch Gesetzgeber müssen sich darauf einstellen.

Der Vorschlag wurde seit Jahren erbittert diskutiert, nun wird er Gesetz: Das Recht der Arbeitnehmer auf befristete Teilzeit mit Rückkehr in die Vollzeitstelle. Ab dem 01.01.2019 dürfen Arbeitnehmer/innen diese Option bei ihren Arbeitgebern anmelden und nutzen. Wenn, ja wenn sie in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen.

Was ist die „Teilzeitfalle“, die durch das neue Gesetz verhindert werden soll?

Schon seit einiger Zeit haben Arbeitnehmer/innen nach § 8 Absatz 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) einen Anspruch darauf, ihre Arbeitszeit zu verringern, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und der Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Mitarbeiter/innen beschäftigt. Möchte der Arbeitgeber die gewünschte Arbeitszeitverringerung verweigern, muss er gewichtige betriebliche Belange geltend machen, die es unmöglich machen, dass die Arbeitszeit wie gewünscht verringert wird. Die Gerichte sehen diese streng. Der große Unterschied zu dem neuen Recht auf Teilzeit besteht darin, dass es bei dem Anspruch nach § 8 TzBfG keine Rückkehroption gibt. Das bedeutet, dass die Arbeitszeitverringerung endgültig ist – es sei denn, man hat mit dem Arbeitgeber etwas anderes vereinbart. Das wäre dann aber kein Anspruch nach § 8 TzBfG, sondern eine beidseitige Vereinbarung über eine befristete Teilzeit. Hierauf bestand aber bislang gerade kein gesetzlicher Anspruch mit Ausnahme derjenigen, die nur in der Elternzeit Teilzeit arbeiteten. Arbeitnehmer/innen, die anderweitig in Teilzeit gingen, sei es, zur privaten Weiterbildung oder um Angehörige zu pflegen, steckten also anschließend gewissermaßen in ihrem Teilzeitarbeitsverhältnis fest. Das möchte das neue Gesetz ändern.

Muss der Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit Arbeitnehmer Brückenteilzeit anmelden können?

Ja. Durch die Möglichkeit, befristet in Teilzeit zu gehen, werden die Arbeitgeber logistischen und wirtschaftlichen Herausforderungen ausgesetzt. Kleinbetriebe und kleinere mittelständische Betriebe wollte der Gesetzgeber hiervor schützen. Deshalb kann Brückenteilzeit nur bei Arbeitgebern angemeldet werden, die mindestens 46 Arbeitnehmer/innen regelmäßig beschäftigten.

Welche Voraussetzungen müssen Arbeitnehmer/innen erfüllen, um in Brückenteilzeit gehen zu können?

Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin muss seit mindestens 6 Monaten bei dem Arbeitgeber beschäftigt sein. Das Gesetz spricht ausdrücklich von Arbeitnehmern, so dass Auszubildende keinen gesetzlichen Anspruch auf Brückenteilzeit haben. Weitere Voraussetzungen wie ein Pflegeverhältnis müssen Arbeitnehmer nicht erfüllen. Der Anspruch muss spätestens drei Monate vor der gewünschten Arbeitszeitreduzierung geltend gemacht werden, hierbei soll auch die gewünschte Arbeitszeitverteilung angegeben werden.

Praxistipp: Arbeitnehmer/innen sollten sich den Eingang ihres Teilzeitverlangens bestätigen lassen.

Kann der Arbeitgeber den Wunsch nach Brückenteilzeit ablehnen?

Ja, aber natürlich nicht einfach so. Beschäftigt der Arbeitgeber zwischen 46 und 201 Personen, kann er das Teilzeitverlangen dann ablehnen, wenn sich bereits eine in dem neuen § 9a Absatz 2 TzBfG genannte Anzahl an Mitarbeitern in Brückenteilzeit befindet. Beschäftigt der Arbeitgeber beispielsweise 76 Beschäftigte, kann das 7. Teilzeitverlangen abgelehnt werden, weil sich bereits 6 Beschäftigte in Brückenteilzeit befinden, der Wert steigt je nach Unternehmensgröße.

Anderenfalls muss der Arbeitgeber wie beim bisherigen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit für eine Ablehnung des Teilzeitwunsches nachvollziehbar begründen, weshalb aufgrund betrieblicher Belange die gewünschte Brückenteilzeit nicht verwirklicht werden kann. Es bedarf hierfür aber regelmäßig einer Sondersituation, denn ein gewöhnlicher Vollzeitarbeitsplatz kann fast immer auf Teilzeitkräfte aufgeteilt werden.

In welchem Zeitraum kann künftig in „Brückenteilzeit“ gegangen werden?

Die Mindestdauer der Arbeitszeitreduzierung beträgt ein Jahr, die Höchstdauer fünf Jahre. Der Gesetzgeber hatte bei diesen Zeiträumen insbesondere die Pflege von Angehörigen einschließlich der Betreuung von Kindern nach der Elternzeit vor Augen. Tarifverträge können abweichende Zeiträume vorsehen. Die Festlegung des Zeitraums ist endgültig, er kann einseitig weder verlängert noch verkürzt werden. Im gegenseitigen Einvernehmen kann man jedoch wie gewohnt alles vereinbaren und auch abändern, was beide Seiten wünschen.

Kann man den Anspruch wiederholen?

Ja, aber nur in Grenzen. Während der Verringerungsphase kann die Arbeitszeit nicht erneut auf Basis der „Brückenteilzeitregelung“ verringert werden. Nach der Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit kann eine erneute Verringerung der Arbeitszeit nach dieser Regelung frühestens nach einem Jahr verlangt werden. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber zu Recht die Verringerung der Arbeitszeit aus betrieblichen Gründen verweigert hat.

Fazit: Ein Meilenstein, aber nicht für jeden

Die größte Hürde für Arbeitnehmer/innen ist die erforderliche Unternehmensgröße. Diese ist dem Argument der Arbeitgeberverbände geschuldet, es sei schwierig, für die Lücken durch die Inanspruchnahme von Brückenteilzeit wiederum geeignete Teilzeitkräfte zu finden. Diese Koordination und Aufwendungen wollte der Gesetzgeber nur Arbeitgebern zumuten, die diese auch stemmen können. Andrea Nahles (SPD) hatte ursprünglich ein Recht auf Brückenteilzeit für Arbeitgeber mit mindestens 15 Beschäftigten vorgesehen, die Linke hatte ein solches Recht für sämtliche Beschäftigten gefordert. Beide Parteien konnten sich im Gesetzgebungsverfahren damit aber nicht durchsetzen.

Hinweis für Arbeitgeber: Mit der Brückenteilzeit ist ein weiterer Effekt verbunden, der besonderes Augenmerk verlangt. Aus einem Vollzeitarbeitsverhältnis werden zwei befristete (!) Teilzeitarbeitsverhältnisse. Für das erste Teilzeitarbeitsverhältnis ist diese Befristung gewünscht, das zweite ergibt sich aus dem ersten. Arbeitgeber müssen also noch einmal genau auf die Formvorschriften für die Befristungen von Arbeitsverhältnissen schauen, um nicht wegen Fehlern bei der Befristung plötzlich noch eine Vielzahl an unbefristeten Mitarbeitern zu „gewinnen“.

Haben Sie Fragen zu dem Thema befristete Teilzeit? Wir helfen Ihnen gerne weiter.

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