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15. August 2018 / by kanzleiKerner

In Zukunft mehr Rechtssicherheit bei Geschäftsgeheimnissen

Die Eckpfeiler des neuen Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen

In der Regel entsteht bei einem erfolgreichen Unternehmen durch Investitionen und harte Arbeit Know-how, dass es ermöglicht, mit den Mitbewerbern Schritt zu halten oder ihnen sogar einen Schritt voraus zu sein. Je nach Branche und Ausrichtung kann es sich hierbei um die Daten eines Kundenstamms, technisches Wissen, Forschungsergebnisse, Statistiken und Berechnungen, Rezepte oder vieles mehr handeln. Gemeinsam ist all diesen Informationen, dass sie auch von Konkurrenten genutzt werden könnten und daher vor diesen geheim gehalten werden sollen. Wäre der Inhaber in seinem Betrieb alleine tätig, wäre dies keine allzu große Herausforderung. Jedoch ist nahezu jeder Arbeitgeber auf Mitarbeiter angewiesen, die zwangsläufig mit Firmenwissen in Berührung kommen und im intakten Arbeitsverhältnis auch sollen; schließlich sollen sie den Wissenspool für ihre Arbeit nutzen und ihn im besten Fall mehren. Unerwünscht ist hingegen, dass diese Mitarbeiter sich ihr Wissen auch außerhalb des Arbeitsverhältnisses zunutze machen, indem sie Geschäftsgeheimnisse an die Konkurrenz weitergeben oder selbst zur Konkurrenz werden.

Eine Gratwanderung, die uns zu einem rechtlichen Überblick Anlass gibt.

Was ist ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis?

Das Bundesverfassungsgericht definiert ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis wie folgt:

Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur  Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können (BVerfG, Beschluss vom 14.03.2006, Az. 1 BvR 2087/03)

Ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis (im Folgenden nur noch Geschäftsgeheimnis) besteht also aus fünf Voraussetzungen:

  • Es müssen Informationen vorliegen, also Daten, Berechnungen, Rezepte o.ä.
  • Die Informationen müssen einen Bezug zum Unternehmen haben.
  • Die Informationen dürfen nicht bereits offenkundig sein, also nicht z.B. auf der Firmenwebseite einsehbar sein.
  • Es muss ein nachvollziehbares Geheimhaltungsinteresse bestehen.
  • Es muss auch konkret der Wille zur Geheimhaltung bestehen.

 

Was kann ich tun, wenn ein Mitarbeiter Geschäftsgeheimnisse für sich oder andere nutzt?

Der arbeitsrechtliche „Klassiker“ in diesem Bereich ist ein Angestellter, der im noch laufenden, aber nicht mehr intakten Arbeitsverhältnis – beispielsweise während einer Kündigungsfrist – Kundendaten oder andere Daten auf eigenen Speichermedien sichert oder an die private E-Mail-Adresse weiterleitet, um nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Konkurrenz zu dem Arbeitgeber zu treten.

Eine solche Beobachtung zu machen, ist für Arbeitgeber häufig erschütternd. Was kann man hier tun? Zunächst verbietet das Gesetz ein solches Vorgehen. § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb stellt das unbefugte Sichverschaffen eines Geschäftsgeheimnisses zum Zwecke des Wettbewerbs, Eigennutzes oder zu Gunsten eines Dritten mit der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, sogar unter Strafe. Ein unbefugtes Verschaffen liegt insbesondere auch vor, wenn auf (elektronische) Daten zugegriffen wird, die der Arbeitnehmer zwar während seiner Beschäftigungszeit befugt erhalten hat, er aber aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nun nicht mehr befugt ist, die Daten weiter zu nutzen, dies aber trotzdem tut.

Mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ist der Arbeitnehmer verpflichtet, sämtliche Daten und Aufzeichnungen aus dem Arbeitsverhältnis an den Arbeitgeber zurück- bzw. herauszugeben (§ 667 BGB). Entsprechend hat es ein Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu unterlassen, Aufzeichnungen oder ähnliches aus dem Arbeitsverhältnis zum Eigennutz oder zum Nutzen Dritter zu verwerten. Bei Zuwiderhandlung kann dieses Recht gerichtlich mit einem Unterlassungsantrag geltend gemacht werden, sollten sich noch Unterlagen in dem Besitz des Arbeitnehmers befinden.

Es ist also möglich, einen ehemaligen Mitarbeiter darauf zu verklagen, Daten vollständig zu vernichten und ihn im Falle des Zuwiderhandelns und bei Nutzung der Daten mit einem Ordnungsgeld zu belegen. Meistens geht diesem Vorgehen ein Schritt voraus, nämlich die außergerichtliche Zusendung einer strafbewehrten Herausgabe- und Unterlassungserklärung mit demselben Inhalt.

Achtung: Nicht verboten ist es hingegen, wenn ein ehemaliger Mitarbeiter sein Wissen aus der Zeit im Betrieb mit in seine neue Berufstätigkeit und auch in eine direkte Konkurrenz am Markt einbringt, solange er hierbei nicht auf verkörperte Unterlagen, dazu zählen auch elektronische Dateien, zugreift. Haben Sie den Verdacht, dass Ihr (ehemaliger) Mitarbeiter auf Daten zugreift, die er vor seinem Ausscheiden gesichert hat, ist also Beweissicherung oberstes Gebot!

Sofern Sie in einem laufenden, vermeintlich noch intakten Arbeitsverhältnis darauf stoßen, dass ein Mitarbeiter Geschäftsgeheimnisse für sich nutzt oder weitergibt, kann dies je nach Fall darüber hinaus eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

In gewissen Grenzen kann übrigens eine Klausel im Arbeitsvertrag die Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers über das Arbeitsverhältnis hinaus verlängern. Möchten Sie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nutzen, erfahren Sie hier Näheres. Gerade in sensiblen Geschäftsbereichen raten wir unseren Mandanten, die Möglichkeiten der Arbeitsvertragsgestaltung für sich zu nutzen.

Was wird sich durch das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ändern?

Vor zwei Jahren wurde die europäische Richtlinie zu Geschäftsgeheimnissen erlassen. Es ist Aufgabe des Justizministeriums, die europäischen Vorgaben in das deutsche Recht zu integrieren. Nachdem im April der Referentenentwurf veröffentlicht wurde, ist nun seit Juli der Regierungsentwurf einsehbar. Das Gesetz beabsichtigt eine erhöhte Rechtssicherheit und klarere Ansprüche für die Inhaber von Geschäftsgeheimnissen.

Der Entwurf sieht zunächst eine Definition des Geschäftsgeheimnisses vor, welche sich nach derzeitigem Stand im Ergebnis nicht von der Definition der Rechtsprechung (siehe oben) unterscheidet.

Bei einer unlauteren Nutzung eines Geschäftsgeheimnisses soll der Inhaber den Schädiger nach dem aktuellen Entwurf wie folgt in Anspruch nehmen können:

    1. Vernichtung oder Herausgabe der im Besitz oder Eigentum des Rechtsverletzers stehenden Dokumente, Gegenstände, Materialien, Stoffe oder elektronischen Dateien,

die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder verkörpern,

    1. Rückruf des rechtsverletzenden Produkts,
    2. dauerhafte Entfernung der rechtsverletzenden Produkte aus den Vertriebswegen,
    3. Vernichtung der rechtsverletzenden Produkte oder
    4. Rücknahme der rechtsverletzenden Produkte vom Markt, wenn der Schutz des Geschäftsgeheimnisses hierdurch nicht beeinträchtigt wird.

 

Ausgeschlossen soll dieser Anspruch allerdings sein, wenn er im Einzelfall unverhältnismäßig wäre. Was Unverhältnismäßigkeit in diesem Zusammenhang bedeutet, werden die Gerichte anhand von künftigen Fällen klären müssen.

Die gerichtliche Zuständigkeit soll ausschließlich bei den Landgerichten liegen. Damit würde sich der aktuelle Streit, ob die Arbeits- oder Zivilgerichte zuständig sind, erübrigen.

Mit den Strafvorschriften des Gesetzesentwurfes würden bei dessen Inkrafttreten die Strafvorschriften des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb ersetzt. Die Vorschriften regeln im Ergebnis dasselbe wie bislang.

Die Reaktionen und Stellungnahmen auf den Gesetzesentwurf sind aktuell noch kritisch in Bezug auf verschiedene Punkte. Es sind daher noch Änderungen zu erwarten, das Grundgerüst wird aber schon alleine durch die orientierende Richtlinie bestehen bleiben. Erfreulich sind die klaren Definitionen und eine Vereinheitlichung der Anspruchsgrundlagen in diesem Bereich.

Wann das Gesetz in Kraft tritt und die ersten Ansprüche hieraus geltend gemacht werden können, ist noch nicht bekannt. Der Entwurf sieht vor, dass das Gesetz drei Monate nach seiner Verkündung in Kraft treten wird, ein Inkrafttreten vor dem Jahr 2019 ist daher unwahrscheinlich.

Haben Sie Fragen zu dem Thema Geschäftsgeheimnis? Wir helfen Ihnen gerne weiter.

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