Das BEG IV macht (fast) alles rund ums Arbeitsverhältnis papierlos möglich
Das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) wurde verabschiedet, um kleine und mittlere Unternehmen und die öffentliche Verwaltung von bürokratischem Aufwand zu entlasten. Hierbei gibt es auch spürbare Auswirkungen auf das Arbeitsrecht, besonders durch die Ersetzung der Schriftform gegen die Textform. Das Gesetz wird für die hier beschriebenen Neuerungen am 01.01.2025 in Kraft treten. Hier erfahren Sie, welche Änderungen es gibt und wie Sie diese umsetzen können.
Ein Wort vorab: Wenn von „Schriftform“ die Rede ist, ist damit gemeint, dass ein Dokument auf Papier und mit mindestens einer tatsächlich geschriebenen Unterschrift verkörpert ist (im englischsprachigen Raum wird diese Formvorschrift „wet ink“-Signatur genannt). Wird eine solche strenge Formvorgabe gesetzlich ersetzt, geschieht dies inzwischen regelmäßig mit der Einräumung der „Textform“. Zur Erfüllung der Textform muss eine lesbare Erklärung lediglich auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Das ist der Fall, wenn der Empfänger sie entweder auf Papier oder wie auf Papier lesen und speichern kann. Dieser Anforderung genügt eine E-Mail, aber auch ein Fax, eine SMS und sogar eine Messenger-Nachricht wie WhatsApp, Signal oder Telegram.
I. Digitaler Arbeitsvertrag
Arbeitsverträge konnten auch vor dem neuen Gesetz in jeder Form, also auch mündlich oder per E-Mail, ja sogar durch bloße Arbeitsaufnahme, geschlossen werden. Aber: Das Nachweisgesetz (NachwG) verpflichtet den Arbeitgeber, spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen festzuhalten und dem Arbeitnehmer auszuhändigen, ein Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form war gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 NachwG ausgeschlossen. Da in der Regel die wesentlichen Vertragsbedingungen im Arbeitsvertrag niedergelegt sind, musste dieser also bislang in Schriftform nebst Unterschriften geschlossen werden. Mit Art. 50 BEG IV wird es nun möglich, diesen Nachweis in einem ausdruckbaren Format zu erteilen, was den Weg zum digitalen Arbeitsvertrag freimacht. Ausgenommen sind die in § 2a Abs. 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Gewerbe, die besonders von Schwarzarbeit betroffen sind (vor allem das Baugewerbe und das Gaststättengewerbe).
Wichtig: Trotz der Erleichterungen bestehen weiterhin Schriftformgebote im Arbeitsrecht, vor allem bei einer Befristung des Arbeitsvertrags (§ 14 Abs. 4 TzBfG) und für den Ausspruch einer Kündigung (§ 623 BGB).
II. Digitales Arbeitszeugnis
Auch für die Erteilung des Arbeitszeugnisses ist die schriftliche Form nach § 630 S. 3 BGB, § 109 Abs. 3 GewO verpflichtend. Mit Art. 14, 36 BEG IV darf das Arbeitszeugnis künftig elektronisch erteilt werden, wenn der Arbeitnehmer einwilligt und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist.
III. Digitaler Elternzeitantrag
Sowohl die Inanspruchnahme als auch die Ablehnung von Elternzeit bzw. Elternteilzeit musste bislang in Schriftform erfolgen; eine Formvorschrift, über die so manch werdende Eltern gestolpert sind. Nun wird sie abgeschafft: Der Anspruch auf Elternzeit (§ 16 BEEG) und der Anspruch auf Teilzeit während der Elternzeit (§ 15 Abs. 7 BEEG) können nach Art. 57 BEG IV in Textform, also z.B. per E-Mail, geltend gemacht werden. In der gleichen Form können diese Anträge bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen vom Arbeitgeber abgelehnt werden (§ 15 Abs. 4 BEEG).
IV. Digitaler Arbeitnehmerüberlassungsvertrag
Für den Abschluss eines Vertrags über Leiharbeit zwischen Verleiher und Entleiher sieht § 12 Abs. 1 AÜG die Schriftform vor. Auch hier wird mit Art. 55 bald die Textform zugelassen. Insbesondere Personaldienstleister mit vielen Kunden und entsprechend vielen Arbeitnehmerüberlassungen werden diese Formerleichterung begrüßen.
Fazit
Der Gesetzgeber schreibt Formvorschriften für Verträge und Willenserklärungen vor, wenn er mindestens eine Partei besonders schützen möchte. Im Kern soll die Schriftform immer vor Übereilung bei besonders bedeutsamen Handlungen schützen, beispielsweise beim Hauskauf oder dem Ausspruch einer Kündigung. Seit langem und spätestens in den letzten Jahren hat die elektronische Kommunikation die Papierform allerdings grundlegend abgelöst. Dies führte dazu, dass beispielsweise Arbeitnehmer nicht darüber nachgedacht haben, ob eine Anmeldung von Elternzeit per E-Mail einem Formerfordernis widersprechend könnte, weil eine E-Mail auch im Geschäftsleben inzwischen übliche Kommunikation darstellt. Oder dazu, dass sich Arbeitgeber darüber ärgerten, dass sie ihre Pflichten aus dem Nachweisgesetz nicht auf inzwischen „normale“ Weise digital erfüllen konnten. Oder Arbeitnehmer darüber, dass sie ihr Arbeitszeugnis auf Papier wieder einscannen mussten, um es für eine digitale Bewerbung zu verwenden. Für eine Papierform als Übereilungsschutz besteht in diesen Fällen kein Bedürfnis mehr. Der Gesetzgeber hat nun nachgezogen und dabei gewisse Ausnahmen beibehalten – so kann vor allem der Ausspruch einer Kündigung nach wie vor nicht per SMS erfolgen, sondern muss schriftlich geschehen. Das ist angesichts der weitreichenden Folgen nachvollziehbar, im Großen und Ganzen bringen die Reduzierungen der Formvorgaben des Vierten Bürokratieentlastungsgesetz zeitgemäße Vereinfachungen mit sich.
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