Wann darf der Chef Bilder von Mitarbeitern veröffentlichen?
„Das sind wir!“ Fast jedes Unternehmen präsentiert sich und seine Mitarbeiter mit Bildern im Internet. Als sympathisches Gruppenbild, als einzelne Ansprechpartner, als Werbegesichter des Unternehmens. Dabei ist verordnete gute Laune nicht jedermanns Sache. Und rechtlich gar nicht so einfach: Darf der Arbeitgeber das eigentlich verlangen?
Dürfen Arbeitgeber Bilder von Mitarbeitern anfertigen (lassen)?
Am Arbeitsplatz gilt erst einmal nichts anderes als im Café, in der Oper und in Ihrem Garten: Ist eine Person individualisiert auf einem Bild zu erkennen, ist ihre Einwilligung einzuholen (§ 22 Kunsturhebergesetz). Ohne diese Einwilligung dürfen weder Bilder angefertigt noch verwendet werden. Die Vorschrift schützt das Recht am eigenen Bild, eine Verweigerung dieser Einwilligung dürfte deshalb auf das Arbeitsverhältnis auch keine nachteiligen Auswirkungen haben.
Muss die Einwilligung schriftlich erteilt werden?
Das Kunsturhebergesetz verlangt keine schriftliche Einwilligung. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2014 entschieden, dass im Verhältnis von Arbeitgeber zu Arbeitnehmer die Einwilligung schriftlich erfolgen muss (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 11.12.2014, Az. 8 AZR 1010/13).
Bei der Gelegenheit unabhängig vom Kunsturhebergesetz ein Rat an Arbeitgeber: Im Zweifel besser schriftlich (Kontrollfrage: “Wer muss bei einem Streit am Ende den Beweis führen?”).
Kann die Einwilligung im Arbeitsvertrag erteilt werden?
Das ist noch nicht abschließend entschieden. Dafür spricht, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag um eine Einigung handelt, die ja gerade darauf abzielt, Inhalte des in Aussicht genommenen Arbeitsverhältnisses zu klären. Andererseits wird es sich meist um eine pauschale, nicht einzelfallbezogene Einwilligung “für die Anfertigung von Bildern zum Zwecke der Ausgestaltung der Webseite” oder ähnliches handeln. Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesarbeitsgericht diese Frage für die einzelnen Formulierungen entscheidet.
Um den Verdacht der Drucksituation auszuräumen, dürfte es jedenfalls ratsam sein, in der Einwilligung festzuhalten, dass die Einwilligung freiwillig erfolgt, widerrufen werden kann und eine Verweigerung ohne Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis bleiben wird. Eine einzelfallbezogene, unter Umständen zusätzliche, Einwilligung ist schon deshalb empfehlenswert, weil dort die weitergehenden und konkreten Verwendungsrechte festgeschrieben werden können.
Können Mitarbeiter Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen?
Nein. Das Arbeitsverhältnis soll von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt sein und die Anfertigung von Bildern ist kosten- und zeitaufwändig. Hat ein Mitarbeiter seine Einwilligung einmal wirksam erteilt, bewertet das Bundesarbeitsgericht das Interesse an einer kostendeckenden Verwendung der Bilder höher als das Interesse an der jederzeitigen Möglichkeit des Widerrufs; es sei denn, die Umstände haben sich geändert.
Und nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses?
Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlischt nicht automatisch das Interesse des Arbeitgebers an der Verwendung der Bilder. Zum Beispiel dann nicht, wenn der Mitarbeiter Teil eines aufwändig produzierten Imagefilms ist oder das Unternehmen sich als mitarbeiterstark präsentieren möchte. Für Arbeitnehmer hingegen dürfte ausnahmslos gelten, dass diese sich auf der Webseite der alten Firma nicht mehr sehen möchten.
Das Bundesarbeitsgericht versucht einen Ausgleich: Dient das Bild oder das Video reinen Illustrationszwecken bzw. Dekorationszwecken und wird kein auf die individuelle Person des Arbeitnehmers Bezug nehmender Inhalt transportiert, wirkt die zeitlich unbeschränkte Einwilligung fort. Haben sich also die Umstände nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus geändert, kann ein Mitarbeiter die Verwendung dieser Bilder nicht untersagen. Illustration bzw. Dekoration bedeutet übrigens nicht, dass man den Arbeitnehmer nicht erkennen können darf. Wird das Video eines Interviews zwischen Chef und Betriebsrat auf der Firmenwebseite gezeigt, bei dem ein Mitarbeiter mit 20 seiner Kollegen im Publikum sitzt, handelt es sich um Randgeschehen, also reine Illustration. Das Video darf weiterhin verwendet werden.
Anders verhält es sich, wenn Bilder oder Videos mit Name und Tätigkeit des Arbeitnehmers oder auf andere Weise so veröffentlicht werden, dass die abgebildete Person nicht austauschbar erscheint. Das hat das Landesarbeitsgericht Hessen ausdrücklich für den Fall entschieden, dass der unzutreffende Eindruck entsteht, die Person arbeite nach wie vor bei dem Arbeitgeber (Urteil des Landesarbeitsgerichts Hessen vom 24.01.2012, Az. 19 SaGa 1480/11). Für solche Aufnahmen genügt als Widerrufsgrund das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, sie sind zu löschen, wenn der ausgeschiedene Arbeitnehmer dies wünscht.
Noch Fragen?
Haben Sie Fragen zu dem Thema Persönlichkeitsrecht und Datenschutz im Arbeitsverhältnis? Wir helfen Ihnen gerne weiter.
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