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29. Juli 2015 / by Katja Kläfker

Bindung an Tariflohnerhöhungen nach Betriebsübergang kein Automatismus mehr

 Vorlage des Bundesarbeitsgerichts an den Europäischen Gerichtshof vom 17.06.2015 (BAG, Beschluss vom 17.06.2015, 4 AZR 61/14 (A))

Bislang war die Linie des Bundesarbeitsgerichts (BAG) klar: Der Erwerber eines Betriebs muss Lohnerhöhungen aus dem Tarifvertrag des Betriebsveräußerers zahlen, denn er ist an arbeitsvertragliche Tarifbindungsklauseln ebenso gebunden wie der Veräußerer es war. Die Grundlage hierfür ist § 613a BGB, der die Rechte und Pflichten bei einem Betriebsübergang regelt.  Das ist besonders gravierend, wenn die jeweiligen Arbeitsverträge auf tarifliche Rechte in der jeweils geltenden Fassung des Tarifvertrags Bezug nehmen. Denn dann ist der neue Betriebsinhaber ebenfalls „dynamisch gebunden“, muss also auch künftige Tariflohnerhöhungen zahlen.

Anders der Europäische Gerichtshof (EuGH): Hier wurde 2013 zum englischen Recht entschieden, dass der Erwerber eines Betriebs nicht ohne weiteres an Vereinbarungen gebunden sein dürfe, auf die er selbst keinen Einfluss nehmen konnte. Der EuGH hat damit zugleich die obige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf den Prüfstand gestellt. Mit dem aktuellen Vorlagebeschluss des BAG an den EuGH soll geklärt werden, ob die in dem dortigen Urteil getroffenen Aussagen auch auf das deutsche Recht übertragbar sind und ob die Auslegung von § 613a BGB durch das BAG mit Unionsrecht zu vereinbaren ist. Das BAG nimmt bei seiner Pressemitteilung zu dem Vorlageverfahren insbesondere Bezug auf Art. 3 der europäischen Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG und auf Art. 16 der europäischen Grundrechtecharta, der die unternehmerische Freiheit gewährleistet.

Fazit

Sollte der EuGH die Auslegung des BAG als unionsrechtswidrig einstufen, würde dies eine Wende in der gefestigten Rechtsprechung des BAG nach sich ziehen. Der Fall, der den Anlass zu dem Vorlagebeschluss gegeben hat, ist allerdings kompliziert und in verschiedener Hinsicht anders gelagert als der vom EuGH entschiedene Fall. Damit ist er an sich nicht gut geeignet, um die im Raum stehenden Fragen zu klären. Zudem ist die rechtliche Ausgangslage in England eine andere, so dass ein Gleichlauf zwischen dem EuGH-Urteil und der Beantwortung des Vorlagebeschlusses nicht zwingend ist. Dennoch ist es zu begrüßen, dass das BAG bemüht ist, die entstandene Rechtsunsicherheit auszuräumen.

 

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