Zu Beginn ist der Inhaber / die Inhaberin eines jungen, innovativen Unternehmens häufig der einzige „Mitarbeiter“. Irgendwann kommt dann aber zum Glück für die meisten Gründer der Zeitpunkt, an dem ein oder mehrere Mitarbeiter eingestellt werden können und sollen. An dieser Stelle beginnt zwangsläufig ein Grundkurs im Arbeitsrecht und im Sozialrecht. Wie soll eingestellt werden: Befristet, als geringfügige Beschäftigung, mit flexiblen Arbeitszeiten, wie soll die Bezahlung leistungsgerecht gestaltet werden und so weiter?
Die gleichen Fragen stellen sich übrigens auch zukünftige Mitarbeiter junger Unternehmen.
Wir können hier natürlich keine Einzelfall-Beratung leisten, aber ein paar Hinweise und Tipps aus der Praxis geben.
Das Arbeitszeitgesetz: Gilt.
Das Arbeitszeitgesetz in seiner aktuellen Fassung stammt aus dem Jahr 1994 und ist damit von der digitalen Arbeitswelt eigentlich schon überholt und hieran nicht angepasst. Aber ob nun Absicht des Gesetzgebers oder nicht: Die Regelungen des Arbeitsschutzes gelten ausnahmslos überall, wo Arbeitnehmer beschäftigt werden. Nur Selbständige fallen nicht hierunter.
Das bedeutet im Wesentlichen:
- Der Arbeitstag darf im Durchschnitt nicht länger als 8 Stunden an 6 Tagen in der Woche (also insgesamt 48 Stunden in der Woche) dauern, hierbei sind mehrere Arbeitsverhältnisse bei verschiedenen Arbeitgebern zusammenzuzählen
- Länger als 10 Stunden täglich darf nicht gearbeitet werden
- Spätestens nach 6 Stunden Arbeit müssen mindestens 30 Minuten Pause vorgesehen sein
- Nach Beendigung eines Arbeitstages müssen mindestens 11 Stunden Ruhepause bis zum nächsten Arbeitseinsatz vergehen
- Sonntagsarbeit ist unzulässig, es sei denn, die Arbeit fällt unter eine der Ausnahmen in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 16 Arbeitszeitgesetz
Auch wenn viele Arbeitnehmer hier ein Auge zudrücken, das Gewerbeaufsichtsamt kann bei Verstößen gegen diese Vorschriften Geldbußen von bis zu 15.000,00 € verhängen. Verantwortlich ist alleine der Arbeitgeber; die Arbeitnehmer anzuweisen, diese Vorschriften von sich aus einzuhalten genügt nicht.
Freelancer unter falschem Etikett können teuer werden!
Was bedeutet das? Kurz gesagt ist Arbeitnehmer, wer aufgrund vertraglicher Bindung unselbständig und fremdbestimmt Dienstleistungen erbringt. Sind Sie also der einzige Auftraggeber Ihres „freien Mitarbeiters“, hat dieser zu bestimmten Zeiten an einem bestimmten Ort zu erscheinen und dort Dinge zu erledigen, die ihm aufgetragen werden oder gar in einem Team zu arbeiten, tritt vielleicht für Sie nach außen auf und erhält dafür ein vorher festgelegtes „Honorar“, dann ist Ihr freier Mitarbeiter in Wirklichkeit Arbeitnehmer – egal, wie die Bezeichnung im Arbeitsvertrag lautet (näher dazu: hier).
Das kann fatale Folgen für den Unternehmer haben, denn in diesem Fall sind für den gesamten zurückliegenden Zeitraum bis zur Verjährungsgrenze die Sozialversicherungsabgaben plus Säumniszuschläge in einer Summe zu zahlen. Jeder Unternehmer sollte daher im eigenen Interesse sicherstellen (lassen), ob er auch wirklich freie Mitarbeiter beschäftigt.
Die Minijobber: Auch Arbeitnehmer.
Ein gar nicht so seltenes Missverständnis: Der Minijob ist nicht abgabenfrei, für den Arbeitgeber geht die Rechnung 450,00 € brutto = netto also nicht auf. Vielmehr sieht es für den Arbeitgeber so aus:
- Pauschalbeitrag Krankenversicherung: 13% Abgabe
- Pauschalbetrag Rentenversicherung (bei entsprechender Erklärung des Arbeitnehmers): 15% Abgabe
- Unfallversicherung: individuell
- Umlage 1: 0,9% Abgabe
- Umlage 2: 0,3% Abgabe
- Insolvenzgeldumlage: 0,09% Abgabe
- Pauschalsteuer: 2% Abgabe
Diese Abgaben muss der Arbeitgeber also zusätzlich zum Gehalt einkalkulieren und entsprechend abführen.
Weitere Missverständnisse: Es handelt sich bei einem Minijob nicht um ein exotisches Vertragsverhältnis eigener Art. Es liegt ein ganz gewöhnliches Arbeitsverhältnis vor, dass nur in der Sozialversicherung anders behandelt wird. Es greifen also alle arbeitsrechtlichen Vorschriften: Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Kündigungsfristen etc.
Wann macht Befristung Sinn?
- mehr als 10 Mitarbeiter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes arbeiten und
- der Arbeitgeber die gesetzlichen Grundlagen der Befristung formal und praktisch kennt und anwenden kann.
In so genannten Kleinbetrieben kann der Inhaber seinen Mitarbeitern auch ohne gesonderten Grund mit der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen. Eine Befristung des Arbeitsverhältnisses ist hier also nicht zwingend notwendig, statt dessen führt sie mitunter dazu, dass die Arbeitnehmer ständig „auf dem Sprung“ sind. Aber Achtung: Wer schnell stark wachsen möchte, ist gegebenenfalls nicht lange ein Kleinbetrieb und sollte deshalb schon früh abwägen. Es kommt auf die regelmäßige Anzahl der Beschäftigten an.
Warum nicht generell immer befristen? Die Befristung mit Sachgrund (§ 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz, TzBfG) ist ein wenig heikel, da die Beweislast für den Sachgrund beim Arbeitgeber liegt, was mitunter gar nicht so leicht ist. Die Befristung ohne Sachgrund (§ 14 Abs. 2 TzBfG) ist bis zu 2 Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerung zulässig; für Start-ups sogar bis zur Dauer von 4 Jahren (§ 14 Abs. 2a TzBfG). Es gibt aber auch hier vieles falsch zu machen, was unter Umständen dazu führt, dass sich ein vermeintlich befristet eingestellter Mitarbeiter eine unbefristete Stelle erklagt. Ein solches Risiko sollte man vorher kennen oder besser gleich vermeiden, weshalb bei diesem Thema eine ordentliche rechtliche Beratung absolut zu empfehlen ist.
Hier trotzdem die allerwichtigsten Tipps zur Befristung:
- Befristung geht nur mit zwei Originalunterschriften (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) auf einem Dokument
- Sachgrundlose Befristung kann man nur vor Arbeitsantritt vereinbaren
- Die Maximaldauer bei der sachgrundlosen Befristung beträgt 2 Jahre (oder bei Vorliegen der Voraussetzungen 4 Jahre) und nicht 2 Jahre und einen Tag, also vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2019 und nicht bis zum 01.01.2019
- Bei einer Verlängerung der sachgrundlosen Befristung darf am Arbeitsverhältnis im Übrigen nichts verändert werden
Darf es ein wenig flexibler sein?
Grundsätzlich muss aber die Arbeitszeit (gemeint sind die Tageszeiten, zu denen gearbeitet wird, nicht die Arbeitsdauer) nicht in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden. Der Arbeitgeber kann festlegen, wann die vereinbarte Anzahl an Arbeitsstunden erbracht wird.
Die Anzahl der Arbeitsstunden wiederum muss im Arbeitsvertrag festgelegt sein, hier sind jedoch so genannte Bandbreitenregelungen, also von-bis-Regelungen, möglich. Es empfiehlt sich in diesem komplizierten Bereich allerdings nicht, eine solche Regelung ohne rechtliche Beratung zu entwerfen.
Der Arbeitgeber kann die Festlegung der Arbeitszeit nicht nur einmal treffen, sondern variieren, zum Beispiel durch die Aufstellung von Dienstplänen. Durch § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) wird dieses Recht zum Schutz der Arbeitnehmer beschränkt, dem Arbeitgeber im Gegenzug aber sogar die Freiheit gegeben, Arbeit auf Abruf zu praktizieren.
Was bedeutet das? Der Arbeitgeber kann sich die Verteilung der Arbeitszeit vorbehalten, wenn er sich an Folgendes hält:
- Der Arbeitsvertrag muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vorsehen (anderenfalls gilt eine wöchentliche Arbeitsdauer von 10 Stunden als vereinbart)
- Der Arbeitgeber muss eine bestimmte Dauer der täglichen Arbeitszeit für Tage vorsehen, an denen Arbeit stattfindet (anderenfalls muss die Arbeitsleistung an diesen Tagen mindestens für 3 aufeinanderfolgende Stunden in Anspruch genommen werden)
- Der Arbeitgeber muss die Arbeitszeiten mindestens vier Tage im Voraus mitteilen
Vorsicht mit dem Arbeitszeitkonto.
Ein Arbeitszeitkonto funktioniert in beide Richtungen – wie in Girokonto. Dieses Risiko des Arbeitnehmers, auch Minusstunden zu sammeln, ist in dem gesetzlichen Konzept für die abhängige Beschäftigung nicht vorgesehen. Deshalb verlangt die Rechtsprechung für ein Arbeitszeitkonto, das in beide Richtungen funktioniert, eine klare Grundlage im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung. Dazu gehören auch Regelungen, welchen Umfang das Arbeitszeitkonto haben darf (an Plus- und Minusstunden), wann überhaupt eine Plusstunde und wann eine Minusstunde vorliegt und natürlich, wie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfahren wird. Anderenfalls können Arbeitgeber Minusstunden nicht verrechnen und bleiben auf einem Stundenminus im Ernstfall sitzen.
Fazit
Ein Ratschlag in eigener Sache zum Schluss: Eine anständige arbeitsrechtliche Beratung vor der ersten Einstellung dauert 2 Stunden und erspart erfahrungsgemäß tagelanges googeln. Konzentrieren Sie sich auf Ihr Kerngeschäft.
Noch Fragen?
Verwandte Themen:
Hier können Sie uns auf facebook folgen: KERNER Rechtsanwälte auf facebook
KERNER Rechtsanwälte
Fachanwälte für Arbeitsrecht
Leisewitzstraße 28
30175 Hannover
T: 0511 279008-0
F: 0511 279008-20
info@kanzlei-kerner.de
www.kanzlei-kerner.de