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Man liest sich einen Vertrag vor der Unterschrift durch
2. Juli 2025 / by Kanzlei Kerner

Sechs Monate Befristung und sechs Monate Probezeit – So nicht, sagt das Bundesarbeitsgericht

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 5. Dezember 2024 (Az. 2 AZR 275/23)

Die Anzahl an Befristungen ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen, Ende 2023 enthielten fast 40 % aller Arbeitsverträge bei sozialversicherungspflichtigen Neueinstellungen zunächst einen befristeten Vertrag; je nach Altersgruppe sogar fast 50 %. Außerdem enthält so gut wie jeder Arbeitsvertrag, ob befristet oder nicht,  eine Probezeit.

Bei der häufigsten Form, der sachgrundlosen Befristung, dienen beide Regelungen der Erprobung des Arbeitsverhältnisses, jedoch aus unterschiedlichen Blickwinkeln: Eine Befristung begrenzt das Arbeitsverhältnis von vornherein auf eine bestimmte Dauer, die Probezeit hingegen dient dazu, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb der ersten Monate mit verkürzter Frist voneinander trennen können, falls sich das Arbeitsverhältnis nicht für beide Parteien bewährt.

Nach § 622 Abs. 3 BGB darf während der Probezeit, maximal für sechs Monate, mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Auch eine Befristung ohne Sachgrund ist nach § 14 Abs. 2 TzBfG für bis zu zwei Jahre zulässig. Was passiert nun aber, wenn ein Arbeitsverhältnis auf nur sechs Monate befristet und zugleich die volle Dauer als Probezeit vereinbart wird? Mit dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 5. Dezember 2024 (Az. 2 AZR 275/23) mit einem interessanten und praktisch relevanten Ergebnis auseinandergesetzt. 

Der Fall

Der Arbeitnehmer wurde für sechs Monate als Kfz-Meister befristet eingestellt. Der Vertrag enthielt dabei eine sechsmonatige Probezeit, die Probezeit umfasste also zugleich die gesamte Befristungsdauer. Während dieser Probezeit war gesetzlich eine Kündigung mit zwei Wochen Frist zulässig, daher kündigte der Arbeitgeber mit dieser Frist. Der Arbeitnehmer wehrte sich gerichtlich gegen die Wirksamkeit der Kündigung.

Das Urteil: Kein Gleichlauf von Befristung und Probezeit

Das Bundesarbeitsgericht (Az. 2 AZR 275/23) entschied, dass eine zeitlich identische Probezeit und Befristungsdauer in einem befristeten Arbeitsvertrag regelmäßig unverhältnismäßig und damit unwirksam ist. Die Probezeit in befristeten Verträgen müsse in einem Verhältnis zur Gesamtdauer stehen. Eine Probezeit, die die vollständige Befristung abdeckt, sei daher regelmäßig zu lang, die Klausel damit unwirksam und in der Folge könne die verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen (§ 622 Abs. 3 BGB) nicht angewendet werden. Besteht eine separate ordentliche Kündigungsvereinbarung – so war es im vorliegenden Fall im Arbeitsvertrag geregelt -, bleibe diese unberührt; es gelte dann aber die gesetzliche Kündigungsfrist (§ 622 Abs. 1 BGB), hier vier Wochen zum Monatsende. Das Arbeitsverhältnis endete also erst zwei Wochen später als vom Arbeitgeber beabsichtigt; hätte es keine gesonderte Regelung zur Kündigung gegeben hätte das Bundesarbeitsgericht wohl ein unbefristetes Arbeitsverhältnis festgestellt.

Fazit

Das Urteil schafft Klarheit für die arbeitsrechtliche Praxis: Eine Probezeit darf in einem befristeten Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht die gesamte Dauer des Vertrags umfassen. Wird eine solche Probezeit dennoch vereinbart, ist sie in der Regel unverhältnismäßig und damit unwirksam. Die gesetzlich vorgesehene verkürzte Kündigungsfrist während der Probezeit kann dann nicht angewendet werden. 

Für Arbeitgeber bedeutet das: Befristete Verträge müssen sorgfältig gestaltet werden und  die Dauer der Probezeit muss sich in einem angemessenen Verhältnis zur Gesamtlaufzeit des Vertrags befinden, zum Beispiel die Hälfte oder weniger der Befristungsdauer. Bestehende Vertragsmuster sollten entsprechend überprüft und neue Verträge angepasst werden.

Die Entscheidung zeigt erneut, wie wichtig eine präzise und rechtssichere Vertragsgestaltung grundsätzlich und vor allem bei befristeten Arbeitsverhältnissen ist. Wir beraten Sie dabei gern.

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