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Hand teilt 2 Gruppen von Figuren
28. Januar 2019 / by kanzleiKerner

Reden wir über Geld: Von Eingruppierung und Einstufung

Eingruppierung und Einstufung sind vor allem – aber nicht nur – Vokabeln des öffentlichen Dienstes. Da sie im System „Arbeit gegen Geld“ maßgeblich den Part des Arbeitnehmers beeinflussen, sind sie zu Recht häufige und relevante Themen im Arbeitsrecht. Wir möchten Ihnen den rechtlichen Rahmen vorstellen und erste Hilfestellung für die Frage „Bin ich richtig eingruppiert?“ geben.

Was ist eine Entgeltgruppe?

Wenn Sie Ihr Arbeitsverhältnis beginnen, werden Sie erstmalig einer Entgeltgruppe innerhalb des betrieblichen Entgeltsystems zugeordnet. Welcher Entgeltgruppe Sie zugeordnet sind, entscheidet darüber, wie viel Sie verdienen. Hierbei gilt: Je höher die Entgeltgruppe, desto höher das Gehalt. Im öffentlichen Dienst (Tarifvertrag der Länder (TV-L) und Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD) existieren derzeit die Entgeltgruppen 1 bis 15, abgekürzt E 1 bis E 15.

Was ist eine Stufe?

(Gehalts-)Stufen drücken die Anerkennung von Berufserfahrung aus. Je mehr Berufserfahrung Sie haben, desto höher ist Ihre Stufe und desto höher ist Ihr Gehalt. Der Stufenaufstieg erfolgt automatisch nach einer gewissen Beschäftigungszeit. Im öffentlichen Dienst (Tarifvertrag der Länder (TV-L) und Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD)) existieren derzeit die Stufen 1 bis 6. Grundsätzlich werden Berufsanfänger der Stufe 1 zugeordnet, es sei denn, sie können einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr vorweisen. Nach einem Jahr Beschäftigung erfolgt der erste Stufenaufstieg und sodann nach dem Schema „2 Jahre in Stufe 2 ergibt Stufe 3“, „3 Jahre in Stufe 3 ergibt Stufe 4“ und so fort. Bei erheblich überdurchschnittlichen Leistungen kann die Zeit für das Erreichen der Stufen 4 bis 6 abgekürzt werden.

Welche Entgeltgruppe ist die richtige?

Der Arbeitgeber übernimmt die Festlegung der Entgeltgruppe im Arbeitsvertrag. Allerdings ist diese Festlegung nur die Einschätzung des Arbeitgebers; sie muss nicht unbedingt zutreffend sein und verhindert auch nicht, dass Sie eine andere Entgeltgruppe für sich in Anspruch nehmen (wir sagen dazu „deklaratorisch“). Denn in Deutschland gilt der Grundsatz der Tarifautomatik. Das bedeutet, dass Sie das Recht haben, immer so bezahlt zu werden, wie es Ihrem tatsächlichen Aufgabengebiet in Verbindung mit Ihrer Qualifikation entspricht.

Beispiel: Herr Müller ist als ausgebildeter Bibliothekar bei dem Land Niedersachsen angestellt. Sein Arbeitsvertrag sieht die Entgeltgruppe 4 des TV-L vor. Da Herr Müller eine abgeschlossene Berufsausbildung hat, ist er jedoch mindestens in Entgeltgruppe 5 einzugruppieren (sog. Qualifikationseckpunkt). Trotz der Festlegung in seinem Arbeitsvertrag hat Herr Müller ein Recht auf das höhere Entgelt. Er kann dieses bei seinem Arbeitgeber geltend machen.

Die richtige Zuordnung zu einer Entgeltgruppe ist kompliziert und lässt häufig für beide Seiten Beurteilungsspielräume. In der Mehrzahl der Fälle gibt es ein Regelwerk, dass die Entgeltgruppen genauer beschreibt. Für den Tarifvertrag der Länder (TV-L) beispielsweise ist das die Entgeltordnung zum TV-L. Hier sind zum einen allgemeine Definitionen der einzelnen Entgeltgruppen enthalten, aber auch Sonderregelungen für spezielle Berufsgruppen wie zum Beispiel Beschäftigte in der Forschung, Beschäftigte in der Informationstechnik und vieles mehr. Was heißt das konkret? Für die Entgeltgruppe 6 des TV-L im allgemeinen Verwaltungsdienst lautet die Definition etwa: „Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert.“ Dazu wird erklärt: „Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung/des Betriebes, in der/dem der Beschäftigte tätig ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Beschäftigten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.“ Im Gegensatz dazu heißt es zu Entgeltgruppe 13 des TV-L: „Beschäftigte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.“ Wie Sie sehen bestehen die Eckpunkte der Eingruppierung einerseits aus Qualifikationsmerkmalen wie einer abgeschlossenen Berufsausbildung, einem abgeschlossenen Hochschulstudium etc. und andererseits aus dem Schwierigkeitsgrad der konkreten Tätigkeit.

Wo erhalten Sie die für Sie gültige Entgeltordnung? Entweder bei Ihrem Arbeitgeber, bei dem Personalrat oder bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Übrigens: Dem Personalrat steht ein Mitbestimmungsrecht in allen personellen Angelegenheiten rund um Eingruppierung (bei der Einstellung) und Umgruppierung (bei Umsetzungen oder Versetzungen) zu.

Wie funktioniert eine Eingruppierungsklage?

Wenn ein Arbeitnehmer der Ansicht ist, zu niedrig eingruppiert zu sein, führt der erste Weg in der Regel zum Arbeitgeber (idealerweise schon in diesem Stadium mit anwaltlicher Begleitung im Hintergrund, denn die Beurteilung einer Eingruppierung ist kompliziert). Nicht immer führt dieser Weg jedoch zum Erfolg. Eine Eingruppierungsklage ist eine Klage vor dem Arbeitsgericht, mit dem der Arbeitnehmer eine höhere Entgeltgruppe geltend macht. Hierbei gilt der allgemeine Grundsatz vor deutschen Gerichten: Wer etwas möchte, trägt dafür die Beweislast. Es ist also an dem Arbeitnehmer, nachzuweisen, dass die andere – höhere – Entgeltgruppe die richtige ist. Die Eingruppierung richtet sich wie dargestellt danach, welche Tätigkeiten der Arbeitnehmer nach Weisung des Arbeitgebers ausübt. Zunächst einmal muss der Arbeitnehmer also die Arbeitsvorgänge seiner täglichen Tätigkeit so vortragen, dass man sie mit den Definitionen des Tarifvertrags abgleichen kann. Bauen die tariflichen Tätigkeitsmerkmale aufeinander auf, ist die Klage nur schlüssig, wenn zunächst Tatsachen für die vorliegende Ausgangsfallgruppe und danach für die qualifizierenden Tätigkeitsmerkmale vorgetragen werden. Die Darstellung des Arbeitsvorgangs muss dabei vom verlangten Arbeitsergebnis her erfolgen, also „von hinten nach vorne“, da das Bundesarbeitsgericht der Meinung ist, dass die Bestimmung des Arbeitsvorgangs maßgeblich vom Ergebnis abhängt. Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Beschäftigten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen. Kurz gesagt: Ein Arbeitsvorgang ist der kleinste noch sinnvoll abgrenzbare Teil der Arbeit. Nach der möglichst genauen Darstellung der Arbeitsvorgänge müssen diese mit dem in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmal abgeglichen werden (z.B. „umfassende (Kenntnisse)“, „besondere Schwierigkeit“, „mindestens 1/3 der Tätigkeiten“). Es ist anzumerken, dass die Arbeitsgerichte an den Vortrag der Arbeitnehmer hohe Ansprüche stellen.

Achtung: Ausschlussfrist

Unbedingt achtzugeben ist auf die Ausschlussfristen, die sich in nahezu jedem Tarifvertrag finden. Zwar herrscht in Deutschland wie dargestellt Tarifautomatik, doch das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die mit einer Höhergruppierung verbundenen Zahlungsansprüche sowohl verjähren wie auch verfallen können. Letzteres ist ein Begriff aus dem Arbeitsrecht, der bezeichnet, dass Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber innerhalb einer deutlich kürzeren als der 3-jährigen Verjährungsfrist geltend gemacht werden müssen, wenn der Tarifvertrag dies regelt. Die Ausschlussfrist des TVöD und des TV-L beträgt sechs Monate (jeweils § 37).

Mehr zu dem Thema Ausschlussfristen finden Sie hier.

Haben Sie Fragen zu dem Thema Entgeltgruppe oder Entgeltstufe? Wir helfen Ihnen gerne weiter.

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