Keylogger-Einsatz – Fast immer Beweisverwertungsverbot im Kündigungsstreit
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.07.2017
Ein Arbeitsverhältnis bietet großes Potenzial für Datenschutz-Streitigkeiten. Der Arbeitgeber möchte möglichst genau wissen, was der Arbeitnehmer in der Zeit, in der er bezahlt wird, eigentlich tut. Der Arbeitnehmer gibt aber sein informationelles Selbstbestimmungsrecht – immerhin ein Grundrecht – nicht am Werkstor ab. Mit zunehmender Technisierung stellt sich nicht mehr so sehr die Frage, was der Arbeitgeber in der Lage ist, zu kontrollieren, sondern: Was darf er kontrollieren?
Hierfür gibt es außer den pauschalen Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes und der darauf erlassenen Verordnungen noch wenig konkreten Antworten, gerade im Bereich der Büroarbeitsplätze. Die Rechtsprechung findet sich hier gerade, in diesem Zusammenhang ist aktuell ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu einem so genannten Keylogger ergangen.
Was ist ein Keylogger? Ein Keyloger ist in der Regel eine Software, die die Eingaben an der Tastatur des Computers speichert und protokolliert. Auf diese Weise kann je nach Art und Einstellung des Keyloggers jeder Tastenanschlag nachvollzogen und gespeichert werden.
Der spätere Kläger war als Software-Entwickler tätig. Das Unternehmen gab den Mitarbeitern im Jahr 2015 bekannt, dass ab sofort sämtliche Eingaben (Internetnutzung und Systemnutzung) mittels eines Keyloggers aufgezeichnet würden. Die Überwachungssoftware las nicht nur sämtliche Tastatureingaben mit, sondern fertigte auch regelmäßig screenshots an.
Durch die Auswertung dieser Daten stellte der Arbeitgeber fest, dass ein Mitarbeiter den Rechner – offenbar entgegen der betrieblichen Anweisungen – auch privat nutzte. Eine geringe Privatnutzung, in der Regel in den Pausen, gab dieser sodann in einer Befragung auch zu.
Das Unternehmen kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich. Hiergegen erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage. Der Arbeitgeber berief sich zur Begründung der Kündigung auf das gesammelte Datenmaterial.
Der Arbeitnehmer gewann durch alle Instanzen, die Kündigung wurde aktuell mit Urteil vom 27.07.2017 vor dem Bundesarbeitsgericht für unwirksam erklärt (Az. 2 AZR 681/16). Das Bundesarbeitsgericht führte zur Begründung aus, dass die Erhebung der Informationen über die Tätigkeiten des Klägers unzulässig war. Sie verstieß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, u.a. konkretisiert in § 32 BDSG. Anders hätte dies nur sein können, wenn es einen konkreten Verdacht auf eine Straftat oder eine andere schwerwiegende Pflichtverletzung gegeben hätte. Ohne solche Anhaltspunkte eine Keylogger-Überwachungsmaßnahme zu installieren sei unverhältnismäßig. Da die Überwachungsmaßnahme unzulässig war, konnten die Ergebnisse des Keyloggers im Prozess nicht berücksichtigt werden.
Zwar hatte der Kläger selbst eine geringe Privatnutzung des Rechners eingeräumt. Hier wäre allerdings vor einer Kündigung zunächst eine Abmahnung auszusprechen gewesen. Für eine Kündigung reichte dieser zwischen den Parteien unstreitige Pflichtverstoß nicht aus.
Das Urteil ist wenig überraschend. Schon länger zeichnete sich in der Rechtsprechung die Linie ab: Keylogging als maximale Form der Überwachung von Büroarbeitsplätzen darf ein Arbeitgeber nicht „einfach so“ und zwar auch nicht, wenn er die Mitarbeiter darüber informiert (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.11.2013, Az. 2 AZR 797/11). Umso erfreulicher, dass das Bundesarbeitsgericht nun erneut einen Rahmen für die Zulässigkeit solcher Maßnahmen abgesteckt hat und damit zugleich ein Beispiel für die Abwägung zwischen dem Organisationsrecht des Arbeitgebers und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Arbeitnehmers gibt.
Ab dem 25.05.2018 wird dann die EU-Datenschutz-Grundverordnung den Rahmen vorgeben, in Brüssel wurde aber bereits eine sehr ähnliche Linie wie die des Bundesarbeitsgerichts signalisiert.
Für die Auswertung des Browserverlaufes hingegen gelten nach aktuellem Stand etwas leichtere Verwertungsregeln. Hier dürfen die Daten, nachdem ein Pflichtverstoß vermutet wird, unter der Voraussetzung zusammengetragen und verwertet werden, dass es klare Regeln für den Umgang mit dem Internet gibt (näher zum privaten Surfen hier).
In jedem Fall muss allerdings ein vorhandener Betriebsrat eingebunden werden (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG).
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