Auch wenn es im Fall einer fristlosen Kündigung immer auf den Einzelfall ankommt, haben die Gerichte inzwischen schon viele Fälle zu fristlosen Kündigungen entschieden. Daher können wir durch Auswertung dieser Rechtsprechung Fallgruppen ausmachen, die vermutlich von den Gerichten in Zukunft ähnlich entschieden werden.
So rechtfertigen Vermögensdelikte zu Lasten des Arbeitgebers beinahe immer eine fristlose Kündigung (näher dazu hier). Dazu zählt im Ergebnis auch vorgetäuschte Krankheit, welche, wenn sie nachgewiesen werden kann, immer zur fristlosen Kündigung berechtigt (näher dazu hier). Auch unentschuldigtes Fehlen oder Selbstbeurlaubung in erheblichem Ausmaß (auf jeden Fall mehr als ein Tag) ist als wichtiger Grund anerkannt. Das gleiche gilt für Körperverletzungsdelikte zu Lasten des Arbeitgebers und häufig auch solche zu Lasten anderer Mitarbeiter. Ferner ist eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit ein typischer Grund, der eine fristlose Kündigung begründen kann.
In Fällen grober Verletzung des Anstands können auch Äußerungen gegenüber Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Entsprechende Entgleisungen können (nicht müssen) das Arbeitsverhältnis so nachhaltig stören, dass eine Fortsetzung dem Arbeitgeber unzumutbar ist. Das gilt insbesondere für Vergleiche oder Gleichsetzungen mit den Verhältnissen im Dritten Reich.
Beispiele:
„Besser eine Frau mit Charakter als drei Schlampen.“ gegenüber der Vorgesetzten und zwei Mitarbeiterinnen rechtfertigte die fristlose Kündigung (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 09.06.2011, Az. 5 Sa 509/10)
„Nun werden Sie mal nicht so pissig.” gegenüber einem Kunden rechtfertigte die fristlose Kündigung (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 05.10.1998, Az. 5 Sa 309/98)
Behauptung, der Arbeitgeber lüge wie gedruckt und wie er mit Menschen umgehe, da komme er (der Arbeitnehmer) sich vor wie im Dritten Reich rechtfertigte die fristlose Kündigung (LAG Hessen, Urteil vom 14.09.2010, Az. 3 Sa 243/10)