Was bedeutet Kündigungsschutz?
Das deutsche Arbeitsrecht ist zum großen Teil Arbeitnehmerschutzrecht. Auch der Kündigungsschutz verfolgt den Zweck, den Arbeitnehmer vor rechtwidrigen Kündigungen zu schützen; gleichzeitig erschwert der Kündigungsschutz für den Arbeitgeber die Kündigung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses. Der Kündigungsschutz schränkt damit den Grundsatz der Vertragsfreiheit, Vertragsverhältnisse einzugehen und wieder lösen zu können, im Arbeitsrecht dahingehend ein, dass Kündigungen nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sind. Differenziert wird zwischen dem allgemeinen Kündigungsschutz, der den Schutz aller Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz – sofern dieses Anwendung findet – betrifft, und dem besonderen Kündigungsschutz, der darüber hinaus spezielle Personengruppen schützen soll.
Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem KSchG
Der allgemeine Kündigungsschutz gilt nicht für alle Arbeitsverhältnisse, sondern nur dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Hierfür müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein.
- Zunächst muss das Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer in demselben Betrieb oder Unternehmen länger als sechs Monate ununterbrochen bestanden haben. Geringe zeitliche Unterbrechungen sind unschädlich, wenn zwischen den Arbeitsverhältnissen ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang bestand.
- Zudem greift der Kündigungsschutz nur, wenn in dem Betrieb regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt. Arbeitnehmer, die wöchentlich nicht mehr als 20 Stunden arbeiten, werden bei der Feststellung der beschäftigten Angestellten mit 0,5, Arbeitnehmer, die regelmäßig mehr als 20, aber nicht mehr als 30 Stunden arbeiten, werden mit 0,75 berücksichtigt. Für so genannte „Altarbeitnehmer“, deren Arbeitsverhältnis bereits am 31.12.2003 bestand, ergibt sich eine etwas abweichende Berechnung unter Berücksichtigung des früheren Schwellenwertes von mehr als 5 Arbeitnehmern.
Liegen die Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes vor, ist der Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen des Arbeitgebers in der Form geschützt, dass mit dem allgemeinen Kündigungsschutz im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes nur bestimmte Kündigungsgründe als zulässig erachtet werden. Eine Kündigung ist unter den Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes dann sozial ungerechtfertigt, wenn die Kündigung nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Erforderlich sind damit im Rahmen des allgemeinen Kündigungsschutzes stets personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe.
Sozialauswahl bei betriebsbedingten Gründen
In dem Fall, dass der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht, ist er bei Berücksichtigung des Kündigungsschutzes zudem verpflichtet, eine Sozialauswahl nach gesetzlich (§ 1 Abs. 3 KSchG) vorgegebenen Kriterien durchführen. Entfallen bei einer betriebsbedingten Kündigung durch eine unternehmerische Entscheidung Arbeitsplätze und kommen für die Kündigung mehrere Arbeitnehmer in Betracht, hat der Arbeitgeber insoweit eine Sozialauswahl durchzuführen. Im Rahmen der Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung sind zunächst vergleichbare Arbeitnehmer zu ermitteln und innerhalb dieser Vergleichsgruppe nach Sozialauswahlkriterien die Arbeitnehmer auszuwählen, die im Bezug auf ihre soziale Situation am geringsten durch die Kündigung belastet werden. Auswahlkriterien im Rahmen des Kündigungsschutzes sind hierbei die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Lebensalter sowie eine eventuell vorliegende Schwerbehinderung des Arbeitnehmers.
Besonderer Kündigungsschutz
Besonders schutzbedürftige Personengruppen genießen neben den allgemeinen Kündigungsschutz einen zusätzlichen besonderen Kündigungsschutz. Dieser besondere Kündigungsschutz erschwert es dem Arbeitgeber, bestimmte Personengruppen, die als besonders schutzbedürftig gelten, zu kündigen. Zu den Personen, die dem besonderen Kündigungsschutz unterliegen, gehören insbesondere:
- Kündigungsschutz schwerbehinderter Menschen: Nur mit Zustimmung des Integrationsamtes ist die Kündigung von Schwerbehinderten gem. § 168 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) erlaubt.
- Schwangere: Gem. § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG) gibt es ein Verbot der Kündigung von werdenden Müttern bis vier Monate nach der Entbindung; die Kündigung ist nur mit Zustimmung der zuständigen Landesbehörde (in der Regel Gewerbeaufsichtsamt) zulässig.
- Auszubildende: Gem. § 22 Berufsbildungsgesetz (BBiG) gibt es ein Verbot der ordentlichen Kündigung von Auszubildenden nach Ende der Probezeit.
- Datenschutzbeauftragten: Gem. § 6 Abs. 4 BDSG gibt es ein Verbot der ordentlichen Kündigung von Datenschutzbeauftragten.
- Personalratsmitgliedern: Nach dem jeweiligen Personalvertretungsgesetz gibt es ein Verbot der ordentlichen Kündigung von Personalratsmitgliedern, Wahlvorstandsmitgliedern und Wahlbewerbern.
- Kündigungsschutz von Betriebsratsmitglieder und Mitgliedern von Jugend- und Auszubildendenvertretungen: Gem. § 15 KSchG gibt es ein Verbot einer ordentlichen Kündigung von Betriebsratsmitgliedern, von Mitgliedern von Jugend- und Auszubildendenvertretungen, Wahlvorstandsmitgliedern und Wahlbewerbern zum Betriebsrat. Eine außerordentliche Kündigung ist nur mit Zustimmung des Betriebsrats (§ 103 BetrVG) oder nach Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht möglich.
- Schwerbehindertenvertreter: Gem. § 96 SGB IX gibt es ein Verbot einer ordentlichen Kündigung von Schwerbehindertenvertretern.
- Eltern in Elternzeit: Gem. § 18 BEEG und § 5 Pflegezeitgesetz gibt es ein Verbot einer ordentlichen Kündigung während der Elternzeit oder während der Zeit der Pflege eines nahen Angehörigen.
- Kündigungsschutz tariflich nicht kündbarer Arbeitnehmer: In bestimmten Tarifverträgen ist festgelegt worden, das ab einem bestimmten Zeitpunkt Arbeitnehmer nicht mehr ordentlich oder aber nur eingeschränkt gekündigt werden können. In den meisten Fällen steht der Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit in einem Zusammenhang mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit und/oder einem gewissen Lebensalter des Arbeitnehmers.
Kündigungsschutz durch allgemeine Unwirksamkeitsgründe
Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz und dem besonderen Kündigungsschutz für besondere Personengruppen ist das Kündigungsrecht des Arbeitgebers durch eine Reihe weiterer Unwirksamkeitsgründe (z.B. Treuwidrigkeit, Sittenwidrigkeit oder Verstoß gegen das Maßregelungsverbot) eingeschränkt. So kann z.B. auch in Kleinbetrieben, die dem allgemeinen Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes nicht unterliegen, die Kündigung eines Arbeitnehmers unwirksam sein, weil der Arbeitgeber nicht ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme beachtet hat, etwa wenn er ohne nachvollziehbaren arbeitsvertragsbezogenen Grund einem deutlich schutzwürdigeren Arbeitnehmer kündigt. Allerdings ist die Schwelle für eine unwirksame Kündigung außerhalb des allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzes regelmäßig sehr hoch, so dass in diesen Fällen genau abgewogen werden muss, ob ein Vorgehen gegen die Kündigung sinnvoll ist. Weitere Gründe, welche zur Unwirksamkeit der Kündigung führen und damit auch einen Kündigungsschutz gewähren, sind insbesondere:
- Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform, bei bestimmten Personengruppen fehlende Begründung der Kündigung in der Kündigungserklärung selbst
- Kündigung während einer Befristung ohne Kündigungsvorbehalt
- Unwirksamkeit der Kündigung nach Zurückweisung der Kündigung wegen nicht vorgelegter Vollmachtsurkunde nach § 174 BGB
- fehlende bzw. nicht ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates oder Personalrates
- Kündigung unter Verstoß gegen einen vom Insolvenzgericht angeordneten Zustimmungsvorbehalt
- Nichtbeachtung der gesetzlichen Regelungen der §§ 17, 18 KSchG bei Massenentlassungen
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