Informationen zur Massenentlassung

Der Begriff der Massenentlassung stammt aus der EG-Massenentlassungsrichtlinie RL/98/59/EG und ist dort in Artikel 1 definiert. Von dem nationalen Gesetzgeber wurden diese europäischen Vorgaben bei Massenentlassungen gemäß der EG-Massenentlassungsrichtlinie in den §§ 17 ff. KSchG umgesetzt. Mit den Regelungen zur Massenentlassung werden in erster Linie arbeitsmarktpolitische Zwecke verfolgt. Da bei Massenentlassungen nicht nur einzelne Arbeitnehmer betroffen sind, sollen die Arbeitnehmervertretungen sowie die zuständigen Behörden rechtzeitig beteiligt werden, damit Massenentlassungen nicht überraschend vorgenommen werden und um den Härtegrad von Massenentlassungen zu reduzieren. Die Arbeitsverwaltung soll zudem in die Lage versetzt werden, auf den außergewöhnlich hohen Zugang von Arbeitslosen frühzeitig reagieren zu können.

Was ist eine Massenentlassung?

Unter Entlassung im Sinne von Art. 1 der EG-Massenentlassungsrichtlinie und der nationalen Regelung des § 17 KSchG war nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes und auch der früheren Praxis der Agenturen für Arbeit die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses, also der Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis, zu verstehen. Mit der so genannten Junk-Entscheidung vom 27.01.2005 hat der Europäische Gerichtshof auf einen Vorlagebeschluss des Arbeitsgerichtes Berlin jedoch entschieden, dass im Zusammenhang mit Massenentlassungen die Kündigungserklärung selbst und nicht die tatsächliche Beendigung die Entlassung im Sinne der EG-Massenentlassungsrichtlinie darstellt. Entlassung im Sinne der EG-Massenentlassungsrichtlinie ist somit als Erklärung der Kündigung zu verstehen. Von Massenentlassungen spricht man, wenn eine bestimmte, in der EG-Massenentlassungsrichtlinie (bzw. in § 17 KSchG) geregelte Anzahl von Entlassungen überschritten wird, also innerhalb eines kurzen Zeitraumes eine Vielzahl von Kündigungen erklärt werden. Gemäß § 17 KSchG liegen Massenentlassungen vor, wenn der Arbeitgeber

  1. in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
  2. in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer oder
  3. in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer

innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt. Den Massenentlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlasst werden.

Rechtliches zur Massenentlassung

Jeder Arbeitgeber, der Massenentlassungen plant, muss zunächst rechtzeitig den Betriebsrat konsultieren und die beabsichtigten Entlassungen mit diesem beraten. Ziel dieser Konsultationen ist die Vermeidung von Massenentlassungen, die Einschränkung bzw. Reduzierung der Anzahl der von den Massenentlassungen betroffenen Mitarbeiter sowie die Abschwächung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Entlassungen. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat schriftlich über die Gründe der Massenentlassung sowie über die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden sowie der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer und die für die Berechnung etwaiger Abfindung vorgesehenen Kriterien zu unterrichten. Zudem muss der Arbeitgeber auch die zuständige Behörde (Agentur für Arbeit) schriftlich mit einer Massenentlassungsanzeige darüber unterrichten, dass Massenentlassungen geplant sind. Ausgesprochene Kündigungen können allein deshalb unwirksam sein, wenn der Arbeitgeber die Kündigungen der Bundesagentur für Arbeit gegenüber nicht ordnungsgemäß angezeigt hat, sofern die Entlassungsanzahl die obigen Kriterien erfüllt.

Aufgegriffen wird der Begriff der Massenentlassung zudem bei Bestimmungen zu Betriebsänderungen gemäß §§ 111 ff. BetrVG. Sofern in § 111 BetrVG als Voraussetzung auf „Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können“ abgestellt wird, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes insoweit Zahlenangaben des § 17 Abs. 1 KSchG für Massenentlassungen maßgeblich. Insoweit stellen Massenentlassungen in der Regel gleichzeitig eine Betriebsänderung dar mit der Folge, dass bei Bestehen eines Betriebsrates mit diesem ein Interessenausgleich verhandelt und in der Regel auch ein Sozialplan vereinbart werden muss. Unterlässt der Arbeitgeber in diesen Fällen den Versuch des Abschlusses eines Interessenausgleiches oder weicht er von einem abgeschlossenen Interessenausgleich ab, können Arbeitnehmer, die infolge der Maßnahme oder der Abweichung entlassen werden bzw. sonstige wirtschaftliche Nachteile erleiden, einen gesetzlichen Abfindungsanspruch in Form des sogenannten Nachteilsausgleichsanspruchs geltend machen.

Massenentlassungen bedürfen deshalb einer genauen Projektplanung. Hierzu gehört bei Massenentlassungen zum einen die Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen, zum anderen aber auch die Erstellung einer Strategie und eines zeitlichen Ablaufschemas. Ein solches Vorgehen bei Massenentlassungen ist für das Unternehmen entscheidend, da Fehler oft zu Maßnahmenwiederholung und zu höheren Abfindungsansprüchen führen. Auch für die Arbeitnehmer ist dies wichtig, da diese bei existenzbedrohenden Maßnahmen eine transparente und gut organisierte Umsetzung erwarten dürfen.

 

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