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Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
5. Mai 2017 / by kanzleiKerner

krank – gesund – krank = Entgeltfortzahlung? Ja, aber…

Wenn ein Arbeitnehmer erkrankt, bekommt er sein Gehalt dennoch gezahlt. Soweit die Regel.

Genau genommen ist das arbeitsrechtlich relevante aber nicht (nur) die Erkrankung, sondern die hieraus resultierende Arbeitsunfähigkeit. Diese liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine konkrete Tätigkeit wegen einer Erkrankung nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung ausüben kann.

Die Folge ist regelmäßig die Pflicht des Arbeitgebers, das Entgelt fortzuzahlen. Von dieser Regel gibt es allerdings Ausnahmen:

  • Das Arbeitsverhältnis besteht noch nicht länger als vier Wochen ununterbrochen (§ 3 Abs. 3 EFZG)
  • Die Krankheit ist durch den Arbeitnehmer selbst verschuldet = Grobes Zuwiderhandeln gegen eigene Interessen, mehr als Unachtsamkeit oder Unbedachtheit (§ 3 Abs. 1 S. 1 EFZG)

Der häufigste Fall, in denen ein Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlung – mehr – leisten muss, ist allerdings der, dass der Entgeltfortzahlungszeitraum abgelaufen ist. Der Grundsatz lautet, dass je Erkrankung einmal für 6 Wochen (42 Tage) Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten ist.

Handelt es sich nicht um die erste Krankheit im Arbeitsverhältnis – hier ist der Fall klar – , sind zwei Arten von Erkrankung zu unterscheiden:

Eine wiederholte Erkrankung ist eine Erkrankung, die „neu“ ist – der Arbeitnehmer war also mit dieser konkreten Erkrankung noch nicht arbeitsunfähig. Hierbei kann es sich auch um dieselbe Art an Erkrankung handeln, solange die erste Erkrankung ausgeheilt war (z.B. zwei ausgeheilte Erkältungen). In diesem Fall beginnt erneut ein maximal sechswöchiger Entgeltfortzahlungszeitraum.

Eine Fortsetzungserkrankung ist eine Erkrankung, die sich über mehrere Zeiträume fortsetzt. Das so genannte Grundleiden ist also gerade nicht ausgeheilt, sondern zeigt sich in immer wiederkehrenden Ausfällen. Ein Beispiel kann ein chronisches Rückenleiden sein. In diesem Fall ist grundsätzlich nur einmal für bis zu 6 Wochen Entgeltfortzahlung zu leisten (beispielsweise einmal 4 Wochen im März und noch einmal 2 Wochen im Mai).

Ausnahmsweise ist auch bei einer Fortsetzungserkrankung ein weiteres Mal Entgeltfortzahlung für erneut bis zu 6 Wochen zu leisten, wenn der Arbeitnehmer zwischen zwei Ausfällen mindestens 6 Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war (§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EFZG) oder seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit sind 12 Monate vergangen (§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EFZG).

Grundsätzlich nicht. Es ist zwar möglich, dass eine Erkrankung durch eine andere, völlig neue Erkrankung nahtlos abgelöst wird oder sich die Zeiträume überschneiden. In diesem Fall geht die Rechtsprechung allerdings von einer so genannten Einheit des Verhinderungsfalls aus. Das bedeutet, dass der erste sechswöchige Entgeltfortzahlungszeitraum zwar bei einer zweiten Erkrankung ohne Unterbrechung fortgeführt werden kann – ein zweiter Entgeltfortzahlungszeitraum wird allerdings nicht angehangen.

Notwendig für die Auslösung eines zweiten Entgeltfortzahlungszeitraums ist, dass die erste Krankheit ausgeheilt war und der Arbeitnehmer wenigstens für eine kurze Zeit, beispielsweise einen Tag, gesund war. Als Indiz hierfür dienen häufig Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen („Krankschreibungen“), die nicht direkt aneinandergrenzen, sondern bei denen ein Tag oder ein Wochenende zwischen zwei Bescheinigungszeiträumen liegt.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 25.05.2016 (Az. 5 AZR 318/15) entschieden, dass die Beweislast dafür, dass (und wann) eine neue Erkrankung vorliegt, bei dem Arbeitnehmer liegt. Der Arbeitnehmer muss also im Streitfall nachweisen, dass die zweite, neue Erkrankung erst auftrat, nachdem er von der ersten Erkrankung genesen war. Der Arbeitnehmer hatte in dem dort entschiedenen Fall am ersten Tag nach Ablauf des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraumes (Montag) eine neue Erstbescheinigung über seine Arbeitsunfähigkeit erhalten und argumentierte, seine neue Erkrankung sei erst am Montagmorgen aufgetreten, so dass er zwischen dem Ablauf der ersten Bescheinigung (Sonntag) und der neuen Erkrankung für wenige Stunden gesund war.

Das Bundesarbeitsgericht war jedoch der Ansicht, dass die erste Bescheinigung den Zeitraum bis Sonntag, 24:00 Uhr abdeckt und die zweite Bescheinigung den Zeitraum ab Montag, 0:00 Uhr (also stets den ganzen Tag). Der Arbeitnehmer hätte also statt dessen durch eine Zeugenaussage seines Arztes beweisen müssen, dass er kurzzeitig gesund war. Das konnte er aber nicht.

Diese recht neue Sichtweise hat das Landesarbeitsgericht Köln konsequent angewendet.

Was war passiert? Ein Mitarbeiter, der häufig auch längerfristig ausfiel, war mit Bescheinigungen seines Hausarztes einmal bis zu einem Freitag und sodann wieder ab dem folgenden Montag arbeitsunfähig geschrieben. Er berief sich auf das Wochenende, an dem er zwar keine Arbeitspflicht hatte, aber gesund war und verlangte weitere Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber.

Der als Zeuge geladene Hausarzt sagte sodann aus, dass er den Mitarbeiter gegen Ende der Woche, in dem die erste Bescheinigung auslief, nicht mehr medizinisch untersucht habe. Die in der Folgebescheinigung diagnostizierten Beschwerden dürften aber schon vorher bestanden haben, ob er am Wochenende arbeitsfähig gewesen wäre, könne er nicht sagen, sagte der Arzt weiter aus.

Nach früherer Rechtslage hätte das Risiko hier beim Arbeitgeber gelegen. Nach neuerer Rechtsprechung lag es jedoch beim Arbeitnehmer, der seine Gesundheit an dem streitigen Wochenende nicht nachweisen konnte. Das Landesarbeitsgericht Köln wies daher die Klage ab (Urteil des LAG Köln vom 15.11.2016, Az. 12 Sa 453/16).

Haben Sie Fragen zu dem Thema Entgeltfortzahlung? Wir helfen Ihnen gerne weiter.

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