Einflussnahme auf Arbeitsvertrag
Von Angestellten in leitenden Positionen, die bei ihrer Einstellung den Inhalt des Arbeitsvertrages tatsächlich verhandeln können, einmal abgesehen, werden Arbeitsverträge nahezu ausschließlich und einseitig von dem Arbeitgeber vorformuliert und dem Arbeitnehmer gestellt. Eine echte Möglichkeit, auf den Arbeitsvertrag Einfluss zu nehmen, haben Arbeitnehmer selten. Dieser Aspekt kann sich in der Praxis für den Arbeitgeber häufig als Boomerang erweisen. Für derartige Verträge gilt nämlich, dass diese als allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) einer verschärften Überprüfung nach dem AGB-Recht, unter anderem dahingehend, ob eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners vorliegt, unterliegen. Auf dieser Grundlage wurden von Arbeitsgerichten eine Vielzahl von Klauseln in Arbeitsverträgen als unwirksam angesehen, weil diese nicht mit dem AGB-Recht vereinbar waren. So auch in einem aktuell vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verhandelten Fall, dessen Gegenstand eine arbeitsvertragliche Arbeitszeitregelung war, deren Unwirksamkeit sich nicht auf den ersten Blick, sondern erst bei näherer Betrachtung erschließt.
Vorformulierter Arbeitsvertrag
Der beklagte Arbeitgeber, ein Unternehmen im Wach- und Sicherheitsgewerbe, beschäftigt den Arbeitnehmer als Flugsicherungskraft am Flughafen Köln/Bonn. Der von dem Arbeitgeber vorformulierte Arbeitsvertrag sah unter anderem folgende Regelung vor: “Der Angestellte ist verpflichtet, im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden zu arbeiten, …”. Der Tarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen regelt für Vollzeitbeschäftigte wiederum eine Mindestarbeitszeit von 160 Stunden im Monat. Der klagende Arbeitnehmer, der in der Vergangenheit durchschnittlich 188 Stunden im Monat arbeitete, sah die Bestimmung im Arbeitsvertrag als unwirksam an und verlangte von dem Arbeitgeber die Erhöhung der Arbeitszeit auf seine durchschnittliche Arbeitszeit, hilfsweise auf die tarifliche Arbeitszeit.
Urteil
Mit Urteil vom 21.06.2011 hat das BAG (Pressemitteilung Nr. 50/11) die vertragliche Arbeitszeitregelung als unwirksam angesehen und dem Kläger zum Teil Recht gegeben. Die Regelung, im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden zu arbeiten, ist nicht klar und verständlich und benachteiligt damit den Arbeitnehmer unangemessen. Es bleibt nämlich unklar, innerhalb welchen Referenzzeitraumes die durchschnittliche Arbeitszeit erreicht werden muss. Ein Arbeitnehmer, der nur im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden arbeiten muss, kann monatsweise diesen zeitlichen Umfang auch unterschreiten. Tatsächlich macht es aber einen erheblichen Unterschied, ob der Arbeitnehmer den Monatsschnitt von 150 Stunden z.B. innerhalb eines Zeitraumes von zwei Monaten oder innerhalb eines Jahres erfüllen muss. Wenn der Arbeitnehmer jedoch gar nicht weiß, innerhalb welchen Zeitraumes die Arbeitszeit auf das durchschnittliche Maß auszugleichen ist, wird er auch über den Umfang seiner Beschäftigung im Unklaren gelassen. Allerdings konnte der Arbeitnehmer nur eine Aufstockung seiner Arbeitszeit auf das tarifliche Maß von 160 Stunden im Monat verlangen.
Fazit:
Fazit aus dieser Entscheidung ist, dass auf die Gestaltung von Arbeitsverträgen besonderes Augenmerk zu legen ist. Nicht jede Regelung, die auf den ersten Blick unbedenklich erscheint, ist Im Ergebnis auch wirksam. Insoweit ist es erforderlich, vor Vertragsschluss gewissermaßen „um die Ecke zu denken”, um etwaige Folgen der Regelung zu erkennen, sowie die jeweilige arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zu kennen. Letztendlich werden Arbeitsverträge nicht für die Einstellung, sondern erst für den späteren Streitfall gemacht.
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