Der Gesetzgeber hat das Berufsausbildungsgesetz (BBiG) zum 01.01.2020 geändert, um die berufliche Bildung noch attraktiver zu machen und zukunftssicherer zu gestalten. Umgesetzt wurde dies durch das Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung (BBiMoG; BGBl. I 2019,2522).
Mindestvergütung für Auszubildende
Das Gesetz beinhaltet die Einführung einer sogenannten Mindestvergütung. Sie ist von 2020 bis 2023 und je nach Ausbildungsjahr gestaffelt. Ab 2024 erfolgt eine jährliche Anpassung der Mindestausbildungsvergütung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Geregelt ist dies in § 17 Abs. 2 S. 1 BBiG. Zur Veranschaulichung der jeweiligen Mindestvergütungen siehe folgende Tabelle:
Kalenderjahr | Mindestvergütung im 1. Ausbildungs-jahr | Mindestvergütung im 2. Ausbildungs-jahr | Mindestvergütung im 3. Ausbildungs-jahr |
2020 | 515,00 EUR | 607,70 EUR | 695,25 EUR |
2021 | 550,00 EUR | 649,00 EUR | 742,50 EUR |
2022 | 585,00 EUR | 690,30 EUR | 789,75 EUR |
2023 | 620,00 EUR | 731,60 EUR | 837,00 EUR |
2024 | Anpassung durch das BMBF | Anpassung durch das BMBF | Anpassung durch das BMBF |
Geltung der neuen Regelungen
Die Mindestvergütung für Auszubildende gilt für alle Ausbildungsverträge, die nach dem 01.01.2020 geschlossen worden sind, § 106 Abs. 2 S. 1 BBiG. Für Ausbildungsverträge, die vor dem 01.01.2020 geschlossen worden sind, gilt § 17 BBiG in seiner bis dahin geltenden Fassung. Das bedeutet, dass Ausbildungsverträge, die beispielsweise im Frühjahr oder Sommer 2018 oder 2019 geschlossen worden sind, die oben aufgeführte Mindestvergütungen nicht ausweisen müssen. Wer dieses Jahr mit einem Bewerber/einer Bewerberin einen Ausbildungsvertrag abschließt, muss die neuen Mindestvergütungen jedoch beachten.
Mindestausbildungsvergütung und Tarifverträge
Nach § 17 Abs. 3 S. 1 BBiG darf die gesetzliche Mindestvergütung in den bestehenden Tarifverträgen unterschritten werden. Wenn ein Tarifvertrag ausläuft, gilt die Höhe der Ausbildungsvergütung auch wenn sie unter der Mindestausbildungsvergütung ist, trotzdem weiter, bis sie durch einen neuen oder ablösenden Tarifvertrag ersetzt wird (§ 17 Abs. 3 S. 2 BBiG).
Gleichstellung von erwachsenen Auszubildenden zu jugendlichen Auszubildenden
In § 15 Abs. 1 BBiG ist nunmehr geregelt, dass alle Auszubildenden (egal ob volljährig oder minderjährig) von ihren Ausbildungsbetrieben für den Berufsschulunterricht und Prüfungszeiten freizustellen sind. Die Regelungen sehen im Einzelnen wie folgt aus:
„(1) Ausbildende dürfen Auszubildende vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht nicht beschäftigen. Sie haben Auszubildende freizustellen
- für die Teilnahme am Berufsschulunterricht,
- an einem Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche,
- in Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen,
- für die Teilnahme an Prüfungen und Ausbildungsmaßnahmen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher oder vertraglicher Bestimmungen außerhalb der Ausbildungsstätte durchzuführen sind, und
- an dem Arbeitstag, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar
vorangeht.
Im Fall von Satz 2 Nummer 3 sind zusätzliche betriebliche Ausbildungsveranstaltungen bis zu zwei Stunden wöchentlich zulässig.
(2) Auf die Ausbildungszeit der Auszubildenden werden angerechnet
- die Berufsschulunterrichtszeit einschließlich der Pausen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1,
- Berufsschultage nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit,
- Berufsschulwochen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 mit der durchschnittlichen wöchentlichen Ausbildungszeit,
- die Freistellung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 mit der Zeit der Teilnahme einschließlich der Pausen und
- die Freistellung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 mit der durchschnittlichen
täglichen Ausbildungszeit.“
Stärkung der Teilzeitberufsausbildung
In § 7a Abs. 1 S. 1 BBiG ist geregelt, dass eine Berufsausbildung auch in Teilzeit erfolgen kann. Dies ist auch nicht von weiteren Gründen abhängig, die z.B. in der Person des Auszubildenden oder der Auszubildenden liegen (wie z. B. Pflege eines nahen Angehörigen oder Kinderbetreuung). Voraussetzung ist aber, dass die Parteien des Ausbildungsvertrages für die gesamte Ausbildungszeit oder nur einen bestimmten Zeitraum darüber einig sind, welche Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit erfolgen soll (§ 7a Abs. 1 S. 2 BBiG).
Beschränkung der Verkürzung bei Teilzeitberufsausbildung
Die Ausbildungszeit bei einer Teilzeitberufsausbildung darf nicht mehr als um 50 % verkürzt werden (§ 7a Abs. 2 S. 1 BBiG). Das bedeutet z. B. für Ausbildungen, die drei Jahre in Vollzeit dauern, eine Höchstausbildungszeit bei Teilzeit von 4,5 Jahren nicht überschritten werden darf.
Auch bei einer Ausbildung in Teilzeit müssen die Regelungen zur Mindestvergütung (§ 17 Abs. 5 BBiG) beachtet werden.
Beispiel: Wer eine Ausbildung im Jahr 2021 in Teilzeit (eine Verringerung von 50 %) beginnt, muss als Mindestvergütung im ersten Ausbildungsjahr einen Betrag von 225,00 EUR monatlich erhalten.
Neue Fortbildungsstufen
In den §§ 53-53e BBiG sind nunmehr neue Fortbildungsstufen geregelt. In der ersten Fortbildungsstufe lautet die Abschlussbezeichnung geprüfter Berufsspezialist und geprüfte Berufsspezialistin (§ 53b BBiG). In der zweiten Fortbildungsstufe lautet der Abschluss Bachelor Professional (§ 53c BBiG) und in der dritten Master Professional (§ 53d BBiG).
Hintergrund der neuen Fortbildungsstufen ist eine Stärkung von höher qualifizierter Berufsausbildung. Letztlich ist eine Gleichwertigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung beabsichtigt.
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