Was ist unter einer Wahlanfechtung zu verstehen?

Die Wahlanfechtung im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG betrifft die rechtliche Möglichkeit, das Ergebnis einer mit Rechtsmängeln behafteten Betriebsratswahl arbeitsgerichtlich korrigieren zu lassen. Daraus folgt, dass die Wahlanfechtung einer Betriebsratswahl im Beschlussverfahren nach § 19 Abs. 1 BetrVG i.V.m. §§ 2a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 8 Abs. 1, 80 ff. ArbGG vor einem Arbeitsgericht erfolgt, wenn gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen wurde.

Was sind die Voraussetzungen für eine Wahlanfechtung?

Um eine Wahlanfechtung nach § 19 Abs. 1 BetrVG gegen das Ergebnis einer Betriebsratswahl betreiben zu können, muss ein Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren vorliegen. Zudem setzt eine Wahlanfechtung voraus, dass eine Berichtigung dieses Mangels durch den Wahlvorstand nicht erfolgt ist und sich dieser Verstoß auf das Wahlergebnis ausgewirkt hat. Diese Berichtigung eines Wahlfehlers durch den Wahlvorstand bezieht sich jedoch nicht auf das Gesamtergebnis, sondern nur auf die Möglichkeit zur Heilung von Fehlern der Bekanntmachung. D.h. die Betriebsratswahl kann noch unbeeinflusst fortgeführt werden.

Was sind wesentliche Wahlvorschriften?

Eine Wahlanfechtung wegen eines wesentlichen Verstoßes gegen das Wahlrecht ist bei falscher Anwendung des § 7 BetrVG dann möglich, wenn eine wahlberechtigte Person nicht zugelassen, eine nicht-wahlberechtigte Person beteiligt oder wenn Leiharbeitnehmer entgegen § 7 Satz 2 BetrVG von der Betriebsratswahl ausgeschlossen werden. Beispielhaft für eine Wahlanfechtung sind:

  • Teilzeitbeschäftigte, die außerhalb der Betriebsräume tätig sind, wurden von der Betriebsratswahl ausgeschlossen;
  • Arbeitnehmer deren Arbeitsverhältnis ruht, wurden von der Betriebsratswahl ausgeschlossen;

Außerdem kann eine Wahlanfechtung wegen eines wesentlichen Verstoßes gegen die Wählbarkeit nach § 8 BetrVG durchgeführt werden, wenn ein seit sechs Monaten dem Betrieb angehörender Arbeitnehmer nicht zum Betriebsrat gewählt werden kann bzw. ein Arbeitnehmer der keine sechs Monate Betriebszughörigkeit vorweisen kann, zum Betriebsrat gewählt wurde. Danach kann eine Wahlanfechtung durchgeführt werden wenn:

  • ein gekündigter Arbeitnehmer nicht zur Kandidatur zugelassen wird und seiner vor der Betriebsratswahl eingelegten Kündigungsschutzklage stattgegeben wird;
  • ein Arbeitnehmer, zur Kandidatur zugelassen wird, obgleich er zu einer ständigen Auslandsvertretung des Unternehmens gehört.

Überdies kann eine Wahlanfechtung auch dann durchgeführt werden, wenn gegen wesentliche Bestimmungen des Wahlverfahrens nach §§ 9 – 18 und § 20 BetrVG oder diese ergänzende Vorschriften der Wahlordnung verstoßen wurde. Exemplarisch für eine mögliche Wahlanfechtung sind:

  • Die fehlerhafte Feststellung der Anzahl der Mitarbeiter eines Betriebes nach § 9 BetrVG, um die Größe des zu wählenden Betriebsrats zu ermitteln;
  • die mangelhafte öffentliche Bekanntmachung des Wahlausschreibens durch Aushang nach § 3 Abs. 4 WO
  • keine öffentliche Bekanntmachung des Orts und des Zeitpunkts der Stimmauszählung nach § 18 Abs. 3 BetrVG i.V.m. § 13 WO.

Wer ist zur Wahlanfechtung berechtigt?

Zur Wahlanfechtung berechtigt sind nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer eines Betriebs, eine in dem Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber selbst. Die Möglichkeit einer Wahlanfechtung ist also für den Betriebsrat und den Wahlvorstand ausgeschlossen.

Welche Fristen gelten für eine Wahlanfechtung?

Eine Wahlanfechtung ist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG nur innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist beginnend ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Wahlergebnisses möglich.

Was sind die Rechtsfolgen einer erfolgreichen Wahlanfechtung?

Die erfolgreiche Wahlanfechtung hat nicht grundsätzlich den rückwirkenden Verlust der Betriebsratsmitgliedschaft zur Folge. Dies sichert die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Betriebsrats, da ansonsten alle Amtshandlungen des fehlerhaften Betriebsratsmitglieds unwirksam wären. Demnach entfällt bei einer erfolgreichen Wahlanfechtung die Betriebsratsmitgliedschaft erst ab dem Zeitpunkt der arbeitsgerichtlichen Feststellung eines wesentlichen Verstoßes gegen das Wahlrecht mit Wirkung für die Zukunft. In besonderen Ausnahmefällen kann die Mitgliedschaft auch rückwirkend entfallen. Obgleich das Gesetz hierzu keine explizite Möglichkeit geschaffen hat, ist die Nichtigkeit der Betriebsratswahl bei groben und offensichtlichen Verstößen gegen das Wahlrecht möglich. Rechtlich wird eine nichtige Wahl so behandelt, als wenn sie niemals stattgefunden hätte.

 

Sie haben Fragen rund um das Thema Wahlanfechtung?

Wir helfen Ihnen gerne weiter.

 

zurück zur Übersicht