Was ist der Medizinische Dienst?

Häufig fehlt den Mitarbeitern der Krankenkassen das medizinische Fachwissen, um beurteilen zu können, ob eine von einem Versicherten beantragte Leistung gerechtfertigt ist oder nicht. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung unterstützt die Krankenkassen und nimmt in den Bundesländern gemäß § 275 SGB V die Aufgaben der Beratung der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung wahr und führt für diese unabhängige Begutachtungen durch. Der Medizinische Dienst stellt somit medizinischen Sachverstand zur Verfügung, den die Mitarbeiter der Krankenkassen zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen, er ist unabhängig und unterliegt keinen Weisungen der Krankenkassen. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung wird mit MDK abgekürzt. Häufig wird der Medizinische Dienst hinzugezogen, um Zweifel an einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit zu beseitigen.

Prüfung der Arbeitsunfähigkeit durch den Medizinischen Dienst

Sofern Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers bestehen, sind die Krankenkassen verpflichtet, eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung einzuholen. Der Medizinische Dienst ist insbesondere dann zur Begutachtung heranzuziehen, wenn

  • Versicherte auffällig häufig arbeitsunfähig sind oder
  • auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder
  • der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende der Woche fällt oder
  • die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der bereits durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist.

Der Medizinische Dienst hat die Begutachtung und Prüfung unverzüglich nach Vorlage der ärztlichen Feststellung über die Arbeitsunfähigkeit vorzunehmen. Kommt der Medizinische Dienst bei seiner Begutachtung zu dem Ergebnis, dass das von ihm erstellte Gutachten nicht mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes übereinstimmt, hat die jeweilige Krankenkasse den betroffenen Arbeitgeber gemäß § 277 Abs. 2 SGB V hierüber zu informieren, sofern für den Zeitraum ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht. Arbeitsrechtlich können Begutachtungen durch den Medizinischen Dienst Auswirkungen zunächst auf einen etwaigen Entgeltfortzahlungsanspruch, aber auch auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses haben.

Folgen der Begutachtung für die Entgeltfortzahlung?

Arbeitnehmer, die arbeitsunfähig erkrankt sind, haben gegen den Arbeitgeber nach den Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes einen Entgeltfortzahlungsanspruch für den Zeitraum von sechs Wochen. Der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des die Arbeitsunfähigkeit attestierenden Arztes kommt insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ein hoher Beweiswert zu, so dass der Arbeitnehmer in der Regel seine Arbeitsunfähigkeit durch die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes bereits hinreichend nachgewiesen hat. Anders ist die Situation, wenn ein abweichendes Gutachten des Medizinischen Dienstes vorliegt. Dem Gutachten des Medizinischen Dienstes kommt zwar nicht für sich genommen ein höherer Beweiswert als der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu, so dass ein abweichendes Gutachten des Medizinischen Dienstes keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Entgeltfortzahlungsanspruch hat und diesen automatisch entfallen lässt. Allerdings ist durch das abweichende Gutachten des Medizinischen Dienstes und auch in dem Fall, wenn der Arbeitnehmer die Untersuchung durch den Medizinischen Dienst ohne Grund verweigert, der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert. Der Arbeitnehmer kann sich dann zum Nachweis seiner Arbeitsunfähigkeit nicht pauschal auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung berufen, sondern muss über die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hinaus nachweisen, dass er tatsächlich erkrankt war bzw. ist.

Folgen der Begutachtung für den Bestand des Arbeitsverhältnisses?

Von einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abweichende Gutachten des Medizinischen Dienstes können zudem Auswirkungen auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses haben. Bestehen Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit und werden diese Zweifel durch das Gutachten des Medizinischen Dienstes bestätigt, ist in Betracht zu ziehen, dass der Arbeitnehmer unentschuldigt gefehlt bzw. über das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit getäuscht hat. Derartige Umstände können sowohl im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers darstellen als auch insbesondere das mögliche Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden. Auch hier ist durch die Begutachtung des Medizinischen Dienstes der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert. Das abweichende Gutachten des Medizinischen Dienstes bedeutet damit noch nicht, dass der Arbeitnehmer tatsächlich unentschuldigt gefehlt oder über seine Arbeitsunfähigkeit getäuscht hat. Da grundsätzlich jedoch der Arbeitgeber für das Vorliegen der Kündigungsgründe darlegungs- und beweisbelastet ist und dem Gutachten des Medizinischen Dienstes insoweit kein höherer Beweiswert als der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes zukommt, muss hier der Arbeitgeber die entsprechenden Umstände beweisen, was in der Regel nur über einen Sachverständigen geklärt werden kann.

Kann der Arbeitgeber den Medizinischen Dienst einschalten?

Der Arbeitgeber ist nicht darauf angewiesen, dass die Krankenkasse bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit den Medizinischen Dienst beauftragt. Der Arbeitgeber kann zwar nicht unmittelbar den Medizinischen Dienst einschalten, aber, wenn der Arbeitnehmer Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung ist, gemäß § 275 Abs. 1 a Satz 3 SGB V verlangen, dass die Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt. Die Krankenkasse kann jedoch von einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes absehen, wenn sich die Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit eindeutig aus Unterlagen ergeben, die der Krankenkasse bereits vorliegen.

 

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